(2029.1) 190:0.1 DER auferstandene Jesus schickt sich jetzt an, eine kurze Zeitspanne auf Urantia zu verbringen, um die Erfahrung des aufsteigenden morontiellen Werdegangs eines Sterblichen der Welten zu machen. Obwohl er diese Zeit morontiel-len Lebens auf der Welt seiner sterblichen Inkarnation zubringen muss, ist sie indessen in jeder Hinsicht die Entsprechung der Erfahrung der Sterblichen Satanias, die das progressive morontiel- le Leben auf den sieben Residenzwelten von Jerusem durchlaufen.
(2029.2) 190:0.2 All diese Jesu eingeborene Macht — der Besitz des Lebens –, die ihn befähigte, von den Toten aufzuerstehen, ist dieselbe Gabe des ewigen Lebens, das er denen schenkt, die an das Königreich glauben, und das auch jetzt deren Auferstehung aus den Fesseln des natürlichen Todes sicherstellt.
(2029.3) 190:0.3 Am Morgen der Auferstehung erheben sich die Sterblichen der Welten mit der gleichen Art morontiellen oder Übergangskörpers, wie ihn Jesus besaß, als er an diesem Sonntagmorgen dem Grab entstieg. In diesen Körpern zirkuliert kein Blut, und solche Wesen nehmen keine gewöhnliche materielle Nahrung zu sich; und doch sind diese morontiellen Gestalten real. Als die verschiedenen Gläubigen Jesus nach seiner Auferstehung sahen, sahen sie ihn tatsächlich; sie waren nicht der Selbsttäuschung unterliegende Opfer von Visionen oder Halluzinationen.
(2029.4) 190:0.4 Unerschütterlicher Glaube an Jesu Auferstehung war das hauptsächliche Merkmal des Glaubens aller Zweige der frühen Evangeliumslehre. In Jerusalem und Alexandrien, in Antiochien und Philadelphia waren sich alle Evangeliumslehrer einig in diesem vorbehaltlosen Glauben an die Auferstehung des Meisters.
(2029.5) 190:0.5 Wenn man die führende Rolle betrachtet, die Maria Magdalena bei der Verkündigung der Auferstehung des Meisters spielte, sollte festgehalten werden, dass sie die Hauptsprecherin des Frauenkorps war, so wie Petrus Hauptsprecher für die Apostel war. Maria war nicht Leiterin der weiblichen Arbeitsgruppe, aber sie war deren Hauptlehrerin und öffentliche Sprecherin. Maria war eine äußerst vorsichtige Frau geworden, so dass ihre Kühnheit, einen Mann anzusprechen, den sie für den Pfleger von Josephs Garten hielt, nur verrät, wie entsetzt sie war, das Grab leer zu finden. Der heftige Schmerz, die Tiefe ihrer Liebe und ihre völlige Hingabe waren es, die sie einen Augenblick lang die herkömmliche Zurückhaltung einer jüdischen Frau bei der Begegnung mit einem Fremden vergessen ließen.
(2029.6) 190:1.1 Die Apostel wollten nicht, dass Jesus sie verlasse; deshalb hatten sie all seine Erklärungen über seinen Tod ebenso wie seine Versprechen aufzuerstehen auf die leichte Schulter genommen. Sie hatten sich die Auferstehung nicht so, wie sie kam, vorgestellt, und sie weigerten sich, daran zu glauben, bis unanfechtbare Zeugnisse und der absolute Beweis ihrer eigenen Erfahrung sie dazu zwangen.
(2030.1) 190:1.2 Als die Apostel sich weigerten, dem Bericht der fünf Frauen zu glauben, die behaupteten, Jesus gesehen und mit ihm gesprochen zu haben, kehrte Maria Magdalena an das Grab zurück, während die anderen sich zum Hause Josephs zurückbegaben, wo sie dessen Tochter und den anderen Frauen berichteten, was sie erlebt hatten. Und die Frauen schenkten ihrem Bericht Glauben. Kurz nach sechs Uhr begaben sich die Tochter Josephs von Arimathia und die vier Frauen, welche Jesus gesehen hatten, zum Hause des Nikodemus hinüber, wo sie Joseph, Nikodemus, David Zebedäus und den anderen hier versammelten Männern all diese Geschehnisse schilderten. Nikodemus und die anderen bezweifelten ihre Geschichte, bezweifelten, dass Jesus von den Toten auferstanden sei; sie vermuteten, dass die Juden den Leichnam fortgeschafft hatten. Joseph und David aber neigten dazu, dem Bericht Glauben zu schenken, und zwar so sehr, dass sie zu dem Grab hinauseilten, um es selbst in Augenschein zu nehmen. Und sie fanden alles genau so vor, wie die Frauen es beschrieben hatten. Sie waren die letzten, die die Gruft in diesem Zustand erblickten; denn um halb sieben schickte der Hohepriester den Hauptmann der Tempelwache zum Grab, um die Grabtücher zu entfernen. Der Hauptmann wickelte sie alle in das Leinentuch und warf sie über einen nahen Felsvorsprung hinunter.
(2030.2) 190:1.3 Vom Grabe aus begaben sich David und Joseph schleunigst zum Hause des Elija Markus, wo sie sich im oberen Raum mit den zehn Aposteln besprachen. Einzig Johannes Zebedäus war, wenn auch nur schwach, zu glauben geneigt, dass Jesus von den Toten auferstanden sei. Petrus hatte zuerst geglaubt, aber als er den Meister nicht fand, befielen ihn schwere Zweifel. Sie neigten alle zu der Ansicht, dass die Juden den Leichnam weggeschafft hatten. David wollte nicht mit ihnen streiten, aber im Weggehen sagte er: „Ihr seid die Apostel, und ihr solltet euch in diesen Dingen auskennen. Ich will nicht mit euch rechten; dessen ungeachtet kehre ich jetzt zum Hause des Nikodemus zurück, wo ich mich mit meinen Boten für heute morgen verabredet habe; und wenn sie alle beisammen sind, werde ich sie auf ihre letzte Mission als Ankündiger der Auferstehung des Meisters schicken. Ich habe den Meister sagen hören, dass er nach seinem Tode am dritten Tag auferstehen werde, und ich glaube ihm.“ Und mit diesen Worten an die Apostel verließ dieser selbsternannte Kommunikations- und Informationschef die niedergeschmetterten und elenden Botschafter des Königreichs. Beim Verlassen des oberen Raumes ließ er den Geldbeutel von Judas, der das ganze apostolische Gut enthielt, in den Schoß von Matthäus Levi fallen.
(2030.3) 190:1.4 Es war etwa halb zehn Uhr, als der letzte von Davids sechsundzwanzig Boten im Hause des Nikodemus eintraf. Sofort versammelte David sie in dem geräumigen Hof und richtete folgende Worte an sie:
(2030.4) 190:1.5 „Ihr Männer und Brüder, all diese Zeit hindurch habt ihr mir getreu dem Eid gedient, den ihr mir und einander gegenseitig geleistet habt, und ihr seid mir Zeugen dafür, dass ich euch noch nie mit falscher Information ausgesandt habe. Ich schicke euch jetzt auf eure letzte Mission als freiwillige Boten des Königreichs, und damit entbinde ich euch von eurem Eid und löse das Botenkorps auf. Männer, ich erkläre euch, dass wir unser Werk beendet haben. Der Meister braucht jetzt keine sterblichen Boten mehr; er ist von den Toten auferstanden. Vor seiner Verhaftung hat er uns gesagt, dass er sterben und am dritten Tag wieder auferstehen werde. Ich habe das Grab gesehen — es ist leer. Ich habe mit Maria Magdalena und vier anderen Frauen gesprochen, die mit Jesus gesprochen haben. Ich entlasse euch jetzt, sage euch Lebewohl und sende euch aus, jeden mit seinem Auftrag; und die Botschaft, die ihr den Gläubigen überbringen sollt, lautet: ‚Jesus ist von den Toten auferstanden; das Grab ist leer.‘“
(2030.5) 190:1.6 Die meisten Anwesenden drangen in David, von seinem Vorhaben abzulassen. Aber sie vermochten ihn nicht zu beeinflussen. Darauf versuchten sie, die Boten umzustimmen, aber diese beachteten die Worte des Zweifels nicht. Und so schwärmten an diesem Sonntagmorgen, etwas vor zehn Uhr, diese sechsundzwanzig Läufer als erste Herolde der mächtigen Wahrheits-Tatsache des auferstandenen Jesus aus. Und sie begaben sich auf diese Mission wie auf so viele frühere in Erfüllung ihres Eides, den sie David Zebedäus und einander gegenseitig geleistet hatten. Diese Männer hatten großes Vertrauen zu David. Sie traten ihren Auftrag an, ohne auch nur zu verweilen, um mit denen zu sprechen, die Jesus gesehen hatten; denn sie nahmen David beim Wort. Die Mehrheit von ihnen glaubte, was David ihnen gesagt hatte, aber auch diejenigen, die irgendwie zweifelten, überbrachten die Botschaft ebenso zuverlässig und genauso schnell.
(2031.1) 190:1.7 Die Apostel, das geistige Korps des Königreichs, sind an diesem Tag im oberen Raum versammelt, wo sie Angst bekunden und Zweifel äußern, während diese Laien, deren Handeln den ersten Versuch einer Sozialisierung des Evangeliums des Meisters von der Bruderschaft der Menschen darstellt, unter der Leitung ihres furchtlosen und tüchtigen Führers hinausgehen, um die Auferstehung des Retters einer Welt und eines Universums zu verkündigen. Und sie übernehmen diesen denkwürdigen Dienst, noch ehe Jesu berufene Stellvertreter gewillt sind, seinem Wort zu glauben oder die Aussagen von Augenzeugen ernst zu nehmen.
(2031.2) 190:1.8 Diese sechsundzwanzig Boten wurden zum Hause des Lazarus in Bethanien und zu allen Glaubenszentren ausgesandt, von Beerscheba im Süden bis nach Damaskus und Sidon im Norden und von Philadelphia im Osten bis nach Alexandrien im Westen.
(2031.3) 190:1.9 Nachdem David von seinen Brüdern Abschied genommen hatte, ging er zum Hause des Joseph, um seine Mutter abzuholen, und dann begaben sie sich hinaus nach Bethanien zu der wartenden Familie Jesu. David blieb in Bethanien bei Martha und Maria, bis diese ihr irdisches Besitztum verkauft hatten, und er begleitete sie auf ihrer Reise zu ihrem Bruder Lazarus in Philadelphia.
(2031.4) 190:1.10 Etwa eine Woche später brachte Johannes Zebedäus Maria, Jesu Mutter, zu sich nach Hause nach Bethsaida. Jakobus, Jesu ältester Bruder, blieb mit seiner Familie in Jerusalem. Ruth blieb in Bethanien bei den Schwestern des Lazarus. Die restliche Familie Jesu kehrte nach Galiläa zurück. Anfang Juni reiste David Zebedäus mit Martha und Maria von Bethanien nach Philadelphia ab, am Tag nach seiner Hochzeit mit Ruth, Jesu jüngster Schwester.
(2031.5) 190:2.1 Von seiner morontiellen Auferstehung an bis zur Stunde seiner Himmelfahrt als Geist erschien Jesus den auf der Erde an ihn Glaubenden bei neunzehn verschiedenen Gelegenheiten in sichtbarer Gestalt. Er erschien weder seinen Feinden noch denen, die aus seinem Erscheinen in sichtbarer Gestalt keinen geistigen Nutzen ziehen konnten. Seine erste Erscheinung galt den fünf Frauen am Grab, seine zweite, ebenfalls am Grab, galt Maria Magdalena.
(2031.6) 190:2.2 Die dritte Erscheinung ereignete sich an diesem Sonntag um die Mittagszeit in Bethanien. Kurz nach Mittag stand Jakobus, Jesu ältester Bruder, in Lazarus‘ Garten vor dem leeren Grab des auferweckten Bruders von Martha und Maria und beschäftigte sich in Gedanken mit den Nachrichten, die Davids Bote ihnen eine Stunde zuvor gebracht hatte. Jakobus hatte immer dazu geneigt, an die irdische Sendung seines Bruders zu glauben, aber er hatte seit langem den Kontakt mit Jesu Werk verloren und war in ernste Zweifel geraten, als die Apostel später behaupteten, Jesus sei der Messias. Die ganze Familie war überrascht und nahezu bestürzt über die Nachrichten, die der Bote gebracht hatte. Während Jakobus vor Lazarus‘ leerem Grab stand, kam Maria Magdalena in großer Aufregung daher und erzählte der Familie, was sie in den frühen Morgenstunden am Grabe Josephs erlebt hatte. Noch bevor sie geendet hatte, traf David Zebedäus mit seiner Mutter ein. Ruth glaubte natürlich den Bericht und ebenso Jude, nachdem er mit David und Salome gesprochen hatte.
(2032.1) 190:2.3 Inzwischen suchten sie nach Jakobus, der im Garten am Grab stand; aber noch ehe sie ihn fanden, wurde er sich einer nahen Gegenwart bewusst, so als hätte ihn jemand an der Schulter berührt. Und als er sich umschaute, sah er neben sich eine seltsame Erscheinung allmählich Gestalt annehmen. Er war zu überrascht, um zu sprechen, und zu erschrocken, um zu fliehen. Und dann sprach die seltsame Gestalt die Worte: „Jakobus, ich komme, um dich zum Dienst am Königreich zu rufen. Tu dich ernsthaft mit deinen Brüdern zusammen und folge mir nach.“ Als Jakobus sich beim Namen nennen hörte, wusste er, dass Jesus, sein ältester Bruder ihn angesprochen hatte. Es fiel ihnen allen mehr oder weniger schwer, den Meister in seiner morontiellen Gestalt wieder zu erkennen, aber nur wenige von ihnen hatten irgendwelche Schwierigkeiten, seine Stimme zu erkennen oder sonst wie seine gewinnende Persönlichkeit zu identifizieren, nachdem er einmal mit ihnen zu sprechen begonnen hatte.
(2032.2) 190:2.4 Als Jakobus erkannte, dass Jesus ihn anredete, fiel er auf die Knie nieder und rief: „Mein Vater und mein Bruder“, aber Jesus hieß ihn aufstehen, während er mit ihm redete. Und sie spazierten durch den Garten und unterhielten sich fast drei Minuten lang miteinander. Sie sprachen von Erlebnissen früherer Tage und beschäftigten sich mit den Ereignissen der nahen Zukunft. Als sie sich dem Hause näherten, sagte Jesus: „Lebewohl, Jakobus, bis ich euch alle zusammen begrüße.“
(2032.3) 190:2.5 Während man nach ihm in Bethphage suchte, stürzte Jakobus ins Haus und rief: „Ich habe eben gerade Jesus gesehen und mit ihm gesprochen, mich mit ihm unterhalten. Er ist nicht tot, er ist auferstanden! Er entschwand meinen Blicken mit den Worten: ‚Lebewohl, bis ich euch alle zusammen begrüße.‘“ Er hatte kaum ausgeredet, als Jude zurückkehrte, und er wiederholte für ihn sein Erlebnis der Begegnung mit Jesus im Garten. Und sie alle begannen, an die Auferstehung Jesu zu glauben. Jakobus kündigte jetzt an, dass er nicht nach Galiläa zurückkehren werde, und David rief aus: „Nicht nur aufgeregte Frauen sehen ihn; auch beherzte Männer haben begonnen, ihn zu sehen. Ich bin darauf gefasst, ihn selber zu sehen.“
(2032.4) 190:2.6 Und David musste nicht lange warten, denn Jesu vierte Erscheinung vor menschlichen Augen ereignete sich kurz vor zwei Uhr gerade hier im Hause von Martha und Maria, als er seiner irdischen Familie und ihren Freunden, zwanzig Personen an der Zahl, sichtbar erschien. Der Meister erschien im offenen hinteren Ausgang und sagte: „Friede sei mit euch. Grüße für die, die mir als Mensch vordem nahe waren, und Gemeinschaft mit meinen Brüdern und Schwestern im Königreich des Himmels. Wie konntet ihr nur zweifeln? Weshalb habt ihr so lange gezaudert, bevor ihr euch entschieden habt, dem Licht der Wahrheit von ganzem Herzen zu folgen? Kommt deshalb alle in die Gemeinschaft des Geistes der Wahrheit in des Vaters Königreich.“ Als sie sich vom ersten Schock ihres Staunens zu erholen begannen und auf ihn zugingen, um ihn zu umarmen, entschwand er ihren Blicken.
(2032.5) 190:2.7 Sie wollten sich alle eilends in die Stadt begeben, um den zweifelnden Aposteln über das Geschehene zu berichten, aber Jakobus hielt sie zurück. Nur Maria Magdalena wurde erlaubt, zu Josephs Haus zurückzukehren. Gewisser Dinge wegen, die Jesus ihm während ihres Gesprächs im Garten gesagt hatte, verbot Jakobus ihnen, die Tatsache dieses morontiellen Besuchs öffentlich werden zu lassen. Aber nie enthüllte Jakobus darüber hinaus etwas von seinem Gespräch mit dem auferstandenen Meister an jenem Tage beim Hause des Lazarus in Bethanien.
(2033.1) 190:3.1 Die fünfte für menschliche Augen wahrnehmbare morontielle Erscheinung Jesu ereignete sich noch am gleichen Sonntagnachmittag gegen Viertel nach vier in Gegenwart von etwa fünfundzwanzig gläubigen Frauen, die im Hause Josephs von Arimathäa versammelt waren. Maria Magdalena war nur wenige Minuten vor dieser Erscheinung zu Josephs Haus zurückgekehrt. Jesu Bruder Jakobus hatte verlangt, dass man den Aposteln nichts von des Meisters Erscheinen in Bethanien sage. Aber Maria hatte er nicht aufgefordert, davon abzusehen, ihren Glaubensschwestern von der Begebenheit zu erzählen. Also ließ Maria alle Frauen Geheimhaltung geloben und begann dann zu berichten, was sich soeben zugetragen hatte, während sie bei Jesu Familie in Bethanien weilte. Und sie befand sich mitten in ihrer fesselnden Schilderung, als sich über alle eine plötzliche und feierliche Stille legte. Und sie gewahrten in ihrer Mitte die völlig sichtbare Gestalt des auferstandenen Jesus. Er grüßte sie mit den Worten: „Friede sei mit euch. In der Bruderschaft des Himmelreichs wird es weder Juden noch Heiden, weder Reiche noch Arme, weder Freie noch Sklaven, weder Männer noch Frauen geben. Auch ihr seid aufgerufen, die gute Nachricht von der Befreiung der Menschheit durch das Evangelium der Gottessohnschaft im Königreich des Himmels zu verkündigen. Geht hinaus in alle Welt, dieses Evangelium zu verkündigen und die Gläubigen in ihrem Glauben daran zu bestärken. Und während ihr das tut, vergesst nicht, für die Kranken zu sorgen und die Verzagten und Furchtsamen aufzurichten. Und ich werde immer bei euch sein, sogar in den fernsten Winkeln der Welt.“ Und nach diesen Worten entschwand er ihren Blicken, und die Frauen fielen in schweigender Anbetung auf die Knie.
(2033.2) 190:3.2 Von den fünf morontiellen Erscheinungen Jesu, die bis dahin stattgefunden hatten, war Maria Magdalena Zeugin von vieren geworden.
(2033.3) 190:3.3 Die Aussendung der Boten im Laufe des Vormittags und die unbewusst fallengelassenen Andeutungen über die Erscheinung Jesu in Josephs Haus hatten zur Folge, dass den Führern der Juden am frühen Abend zu Ohren kam, in der Stadt würde herumgesprochen, Jesus sei auferstanden, und dass viele Menschen behaupteten, ihn gesehen zu haben. Diese Gerüchte schreckten die Sanhedristen gründlich auf. Nach hastiger Rücksprache mit Annas berief Kajaphas noch für jenen Abend um acht Uhr eine Sitzung des Sanhedrins ein. Es wurden während dieser Sitzung Schritte unternommen, um jede Person aus der Synagoge hinauszuwerfen, die Jesu Auferstehung erwähnen würde. Es wurde sogar vorgeschlagen, jeden, der erklärte, ihn gesehen zu haben, hinzurichten. Dieser Vorschlag kam jedoch nicht zur Abstimmung, da die Sitzung in einer Konfusion endete, die an wirkliche Panik grenzte. Sie hatten zu denken gewagt, sie seien mit Jesus fertig. Sie machten jetzt die Entdeckung, dass ihre wirklichen Schwierigkeiten mit dem Mann aus Nazareth gerade erst begonnen hatten.
(2033.4) 190:4.1 Gegen halb fünf Uhr erschien der Meister zum sechsten Mal in morontieller Gestalt, diesmal im Hause eines gewissen Flavius vor etwa vierzig dort versammelten gläubigen Griechen. Während diese gerade die Berichte über des Meisters Auferstehung diskutierten, erschien er in ihrer Mitte, obschon die Türen fest verriegelt waren, und sprach zu ihnen: „Friede sei mit euch. Obwohl der Menschensohn auf Erden unter den Juden erschien, kam er zum Dienst an allen Menschen. Im Königreich meines Vaters wird es weder Juden noch Heiden geben; ihr werdet alle Brüder — Söhne Gottes — sein. Geht deshalb dies rettende Evangelium so, wie ihr es von den Botschaftern des Königreichs empfangen habt, der ganzen Welt verkünden, und ich werde in der Bruderschaft derer, die durch den Glauben und in der Wahrheit Söhne des Vaters sind, euer Gefährte sein.“ Und nachdem er ihnen diesen Auftrag erteilt hatte, verabschiedete er sich, und sie sahen ihn nicht wieder. Sie blieben den ganzen Abend über im Hause; zu sehr waren sie von heiliger Scheu und Furcht überwältigt, als dass sie sich nach draußen gewagt hätten. Keiner von diesen Griechen schloss in dieser Nacht ein Auge; die Besprechung des Vorgefallenen und die Hoffnung, der Meister möge sie wieder- um besuchen, hielten sie wach. In dieser Gruppe befanden sich viele von den Griechen, die in Gethsemane zugegen waren, als die Soldaten Jesus verhafteten und Judas ihn mit einem Kuss verriet.
(2034.1) 190:4.2 Rasch verbreiten sich die Gerüchte von Jesu Auferstehung und die Berichte über die vielen Erscheinungen vor seinen Anhängern, und die ganze Stadt befindet sich in einem Zustand höchster Erregung. Schon ist der Meister seiner Familie, den Frauen und den Griechen erschienen, und bald wird er sich mitten unter den Aposteln zeigen. Der Sanhedrin wird sich in Kürze mit diesen neuen Problemen befassen müssen, die die jüdischen Führer so völlig überrumpelt haben. Jesus denkt viel an seine Apostel, wünscht aber, sie noch für einige Stunden tiefer Besinnung und gedankenvoller Überlegung allein zu lassen, bevor er sie aufsucht.
(2034.2) 190:5.1 Etwa zwölf Kilometer westlich von Jerusalem lebten in Emmaus zwei Brüder, Hirten, die die Passahwoche in Jerusalem mit der Teilnahme an Opfern, Zeremonien und Festen zugebracht hatten. Kleopas, der ältere, glaubte mehr oder weniger an Jesus; wenigstens hatte man ihn aus der Synagoge verjagt. Sein Bruder Jakob glaubte nicht, obwohl ihn faszinierte, was er über des Meisters Lehren und Werke gehört hatte.
(2034.3) 190:5.2 Es war einige Minuten vor fünf Uhr an diesem Sonntagnachmittag und etwa fünf Kilometer außerhalb Jerusalems, als die beiden Brüder müde auf der Straße nach Emmaus dahinwanderten und sich in großem Ernst über Jesus, seine Lehren, sein Werk und insbesondere über die Gerüchte unterhielten, dass sein Grab leer sei und gewisse Frauen mit ihm gesprochen hätten. Kleopas glaubte halbwegs an diese Berichte, aber Jakob bestand darauf, dass das Ganze wahrscheinlich ein Schwindel sei. Während sie so argumentierend und diskutierend heimwärts strebten, trat Jesu morontielle Gestalt, seine siebente Erscheinung, im Gehen neben sie. Kleopas hatte Jesus oft lehren hören und sogar bei verschiedenen Gelegenheiten mit ihm bei gläubigen Bewohnern Jerusalems gespeist. Aber er erkannte den Meister nicht, auch nicht, als dieser frei mit ihnen redete.
(2034.4) 190:5.3 Nachdem Jesus ein kurzes Wegstück mit ihnen gegangen war, sagte er: „Worüber habt ihr euch mit so großem Ernst unterhalten, als ich euch getroffen habe?“ Als Jesus so gesprochen hatte, blieben sie stehen und schauten ihn erstaunt und traurig an. Kleopas sagte: „Ist es möglich, dass du dich in Jerusalem aufhältst und nichts von den Dingen weißt, die kürzlich geschehen sind?“ Da fragte der Meister: „Was für Dinge?“ Kleopas erwiderte: „Wenn du nichts davon weißt, bist du der einzige in ganz Jerusalem, der nichts von den Gerüchten um Jesus von Nazareth gehört hat, der ein in Wort und Tat machtvoller Prophet vor Gott und allen Menschen war. Die höchsten Priester und unsere Führer haben ihn an die Römer ausgeliefert und von ihnen verlangt, ihn zu kreuzigen. Viele von uns hatten gehofft, dass gerade er Israel vom Joch der Heiden befreien würde. Aber das ist nicht alles. Heute ist der dritte Tag, seit er gekreuzigt wurde, und gewisse Frauen haben uns heute mit der Erklärung in Staunen versetzt, dass sie sehr früh am Morgen zu seinem Grab hinausgegangen seien und es leer gefunden hätten. Und dieselben Frauen bestehen darauf, sie hätten mit diesem Mann gesprochen; sie behaupten, er sei von den Toten auferstanden. Und als die Frauen den Männern davon berichteten, rannten zwei seiner Apostel zum Grab und fanden es ebenfalls leer“ — und hier unterbrach Jakob seinen Bruder mit den Worten: „Aber sie haben Jesus nicht gesehen.“
(2035.1) 190:5.4 Während sie weitergingen, sagte Jesus zu ihnen: „Wie lange braucht ihr doch, um die Wahrheit zu verstehen! Da ihr mir sagt, dass ihr über Lehren und Werk dieses Mannes diskutiert habt, kann ich euch Klarheit schenken, denn ich bin mit diesen Lehren mehr als vertraut. Erinnert ihr euch nicht, dass dieser Jesus immer lehrte, sein Königreich sei nicht von dieser Welt und dass alle Menschen Kinder Gottes sind und deshalb ihre Befreiung und Freiheit in der geistigen Freude der Brüderlichkeit untereinander finden, während sie mit Hingabe dienen in diesem neuen Reich der Wahrheit von des himmlischen Vaters Liebe? Erinnert ihr euch nicht, wie dieser Menschensohn Gottes Heil für alle Menschen verkündete, wie er Kranken und Betrübten zusprach und die von Furcht Gefesselten und die Sklaven der Sünde befreite? Wisst ihr nicht, dass dieser Mann aus Nazareth seinen Jüngern sagte, er müsse nach Jerusalem gehen und in die Hände seiner Feinde, die ihn töten würden, gegeben werden, und dass er am dritten Tag auferstehen werde? Ist euch all das nicht gesagt worden? Und habt ihr in den Schriften nie von diesem Tag des Heils für Juden und Heiden gelesen, wo geschrieben steht, dass im Menschensohn alle Familien der Erde gesegnet sein sollen; dass er den Schrei der Bedürftigen hören und die Seelen der Armen, die ihn suchen, retten wird; dass alle Völker ihn den Gesegneten nennen werden? Dass dieser Befreier sein wird wie der Schatten eines großen Felsens in einem erschöpften Land. Dass er die Herde weiden wird wie ein wahrer Hirte, die Lämmer in seinen Armen tragen und sie zärtlich an sein Herz drücken wird. Dass er die Augen der geistig Blinden öffnen und die Gefangenen der Verzweiflung in die volle Freiheit und in das Licht hinausführen wird; dass alle, die in der Dunkelheit sitzen, das große Licht des ewigen Heils sehen werden. Dass er die Wunden derer, die gebrochenen Herzens sind, verbinden, den in der Sünde Verstrickten Freiheit verkündigen und das Gefängnis derer öffnen wird, die von Furcht geknechtet und an das Böse gekettet sind. Dass er die Trauernden trösten und ihnen anstelle von Leid und Beladenheit die Freude des Heils schenken wird. Dass er die Sehnsucht aller Völker und die ewige Freude derer sein wird, die Rechtschaffenheit suchen. Dass dieser Sohn der Wahrheit und Rechtschaffenheit über der Welt mit heilendem Licht und rettender Macht aufgehen wird; dass er sein Volk sogar von seinen Sünden erlösen wird; dass er wirklich die Verlorenen suchen und retten wird. Dass er die Schwachen nicht vernichten, sondern allen, die nach Rechtschaffenheit hungern und dürsten, das rettende Heil bringen wird. Dass die, die an ihn glauben, ewiges Leben haben sollen. Dass er seinen Geist über alle Menschen ausgießen wird und dass dieser Geist der Wahrheit in jedem Gläubigen wie ein Wasserquell sein soll, der in das ewige Leben aufsprudelt. Habt ihr nicht begriffen, wie groß das Evangelium vom Königreich ist, das dieser Mann euch gebracht hat? Erkennt ihr nicht, wie groß das Heil ist, das auf euch herabgekommen ist?“
(2035.2) 190:5.5 Inzwischen hatten sie sich dem Dorf, in dem die Brüder wohnten, genähert. Nicht ein Wort hatten diese beiden Männer gesprochen, seit Jesus sie zu lehren begonnen hatte, während sie ihres Weges dahin schritten. Bald langten sie vor ihrer bescheidenen Behausung an und Jesus, auf dem Weg weitergehend, wollte von ihnen Abschied nehmen, aber sie nötigten ihn, hereinzukommen und bei ihnen zu bleiben. Sie bestanden darauf, dass er bei ihnen bleibe, da die Nacht jetzt bald hereinbreche. Schließlich willigte Jesus ein, sie gingen ins Haus und setzten sich bald darauf zu Tisch. Sie gaben ihm das Brot zum Segnen, und als er es zu brechen und ihnen zu reichen begann, wurden ihnen die Augen geöffnet, und Kleopas erkannte, dass ihr Gast der Meister selber war. Und als er sagte: „Es ist der Meister–“ entschwand der morontielle Jesus ihren Blicken.
(2036.1) 190:5.6 Da sagten sie zueinander: „Kein Wunder, dass unsere Herzen brannten, als er zu uns sprach, während wir die Straße entlanggingen, und er in uns den Sinn der Worte der Schriften aufgehen ließ.“
(2036.2) 190:5.7 Sie rührten nicht an ihr Essen. Sie hatten den morontiellen Meister gesehen und stürzten aus dem Haus und rannten zurück nach Jerusalem, um die gute Nachricht vom auferstandenen Retter zu verbreiten.
(2036.3) 190:5.8 Gegen neun Uhr an diesem Abend, gerade bevor der Meister den Zehn erschien, platzten die beiden aufgeregten Brüder bei den Aposteln im oberen Raum herein und erklärten, sie hätten Jesus gesehen und mit ihm gesprochen. Und sie berichteten alles, was Jesus zu ihnen gesagt hatte und dass sie ihn erst in dem Augenblick erkannt hätten, als er das Brot brach.