(1587.1) 141:0.1 AM 19. Januar 27 n. Chr., dem ersten Tag der Woche, machten sich Jesus und die zwölf Apostel fertig zum Aufbruch von ihrem Hauptquartier in Bethsaida. Die Zwölf wussten nichts von den Plänen ihres Meisters, außer dass sie im April nach Jerusalem hinaufziehen würden, um am Passahfest teilzunehmen, und dass beabsichtigt war, durch das Jordantal zu reisen. Sie verließen das Haus des Zebedäus erst gegen Mittag, weil die Familien der Apostel und andere Jünger gekommen waren, um ihnen Lebewohl zu sagen und zum Beginn der neuen Arbeit alles Gute zu wünschen.
(1587.2) 141:0.2 Kurz vor ihrem Aufbruch stellten die Apostel die Abwesenheit des Meisters fest, und Andreas ging hinaus, um ihn zu finden. Nach kurzer Suche fand er Jesus am Ufer in einem Boot sitzen, und er weinte. Die Zwölf hatten oft erlebt, dass ihr Meister bekümmert schien, und an ihm kurze Phasen ernster Versunkenheit bemerkt, aber keiner von ihnen hatte ihn je weinen sehen. Andreas war einigermaßen bestürzt, den Meister kurz vor ihrer Abreise nach Jerusalem in dieser Verfassung anzutreffen, und er traute sich, an Jesus heranzutreten und ihn zu fragen: „Wie kommt es, Meister, dass du an diesem großen Tag weinst, da wir uns nach Jerusalem aufmachen sollen, um des Vaters Königreich zu verkündigen? Wer von uns hat dich gekränkt?“ Und während Jesus mit Andreas zu den Zwölfen zurückkehrte, antwortete er ihm: „Keiner von euch hat mir Kummer bereitet. Ich bin nur deshalb betrübt, weil niemand von der Familie meines Vaters Joseph daran gedacht hat herüberzukommen, um uns glückliche Reise zu wünschen.“ Zu dieser Zeit weilte Ruth bei ihrem Bruder Joseph in Nazareth zu Besuch. Andere Familienmitglieder hielten sich fern aus Stolz, Enttäuschung, Missverständnis und kleinlichem Groll, weil ihre Gefühle verletzt worden waren.
(1587.3) 141:1.1 Kapernaum war nicht weit von Tiberias entfernt, und die Kunde von Jesus hatte begonnen, sich in ganz Galiläa und sogar darüber hinaus auszubreiten. Jesus wusste, dass Herodes bald auf sein Werk aufmerksam werden würde: deshalb fand er es am besten, mit seinen Aposteln südwärts nach Judäa zu ziehen. Eine Schar von über hundert Gläubigen wünschte, mit ihnen zu gehen, aber Jesus sprach mit ihnen und bat sie inständig, die apostolische Gruppe auf ihrem Weg den Jordan hinunter nicht zu begleiten. Obwohl sie sich bereit erklärten zurückzubleiben, folgten viele von ihnen dem Meister nach ein paar Tagen.
(1587.4) 141:1.2 Am ersten Tag gingen Jesus und seine Apostel nur bis nach Tarichäa, wo sie die Nacht zubrachten. Am nächsten Tag zogen sie an eine in der Nähe von Pella gelegene Stelle am Jordan, wo Johannes ungefähr ein Jahr zuvor gepredigt und Jesus die Taufe erhalten hatte. Hier verweilten sie über zwei Wochen lang, lehrten und predigten. Bis gegen Ende der ersten Woche hatten sich einige hundert Personen in einem Lager nahe bei dem Ort versammelt, wo Jesus und die Zwölf weilten. Sie waren von Galiläa, Phönizien, Syrien, aus der Dekapolis, aus Peräa und Judäa gekommen.
(1588.1) 141:1.3 Jesus predigte nicht öffentlich. Andreas teilte die Menge auf und benannte die Prediger für die Vormittags- und Nachmittagsversammlungen; nach dem Abendessen sprach Jesus mit den Zwölfen. Er lehrte sie nichts Neues, sondern ging das früher Gelehrte erneut durch und beantwortete ihre vielen Fragen. An einem dieser Abende erzählte er den Zwölfen etwas über die vierzig Tage, die er in den nahe gelegenen Bergen zugebracht hatte.
(1588.2) 141:1.4 Von denen, die aus Peräa und Judäa kamen, waren viele durch Johannes getauft worden, und sie wollten mehr über Jesu Lehren erfahren. Die Apostel erzielten großen Fortschritt bei der Unterweisung der Jünger des Johannes, weil sie dessen Predigt in keiner Weise herabsetzten und zu diesem Zeitpunkt nicht einmal die neuen Jünger tauften. Aber es war für die Anhänger des Johannes immer ein Stein des Anstoßes, dass Jesus, wenn er tatsächlich all das war, was Johannes verkündet hatte, nichts tat, um jenen aus dem Gefängnis herauszuholen. Die Jünger des Johannes konnten nie begreifen, weshalb Jesus den grausamen Tod ihres geliebten Führers nicht verhindert hatte.
(1588.3) 141:1.5 Abend für Abend gab Andreas seinen Mitaposteln sorgfältige Anweisungen, die dem heiklen und schwierigen Problem galten, mit den Anhängern Johannes‘ des Täufers gut auszukommen. In diesem ersten Jahr des öffentlichen Wirkens Jesu machten jene, die zuvor Johannes gefolgt waren und dessen Taufe erhalten hatten, über drei Viertel seiner Anhänger aus. Das ganze Jahr 27 n. Chr. wurde damit zugebracht, ruhig die Arbeit des Johannes in Peräa und Judäa zu übernehmen.
(1588.4) 141:2.1 Am Abend, bevor sie Pella verließen, gab Jesus seinen Aposteln weitere Unterweisung zum neuen Königreich. Der Meister sprach: „Man hat euch gelehrt, das Kommen des Königreichs Gottes zu erwarten, und jetzt komme ich und verkündige, dass dieses langersehnte Königreich in nächster Nähe ist, dass es sogar schon hier und mitten unter uns ist. In jedem Königreich muss es einen König geben, der auf seinem Thron sitzt und die Gesetze des Landes erlässt. Und so habt ihr vom Königreich des Himmels eine Vorstellung entwickelt, in der das jüdische Volk über alle Völker der Erde ein glorreiches Regiment ausübt mit einem Messias, der auf Davids Thron sitzt und von diesem Ort wunderbarer Macht aus der ganzen Welt die Gesetze verkündet. Aber, meine Kinder, ihr schaut nicht mit dem Auge des Glaubens, und ihr hört nicht mit dem Verstand des Geistes. Ich erkläre euch, dass das Königreich des Himmels das Innewerden und Anerkennen der Herrschaft Gottes in den Herzen der Menschen ist. Zugegeben, es gibt einen König in diesem Königreich, und dieser König ist mein Vater und euer Vater. Wir sind tatsächlich seine getreuen Untertanen, aber weit über diese Tatsache hinaus reicht die transformierende Wahrheit, dass wir seine Söhne sind. In meinem Leben soll diese Wahrheit für alle offensichtlich werden. Unser Vater sitzt auch auf einem Thron, aber nicht auf einem von Hand geschaffenen. Der Thron des Unendlichen ist die ewige Wohnstätte des Vaters im Himmel der Himmel; er erfüllt alle Dinge und verkündet seine Gesetze einer Unzahl von Universen. Und der Vater herrscht auch in den Herzen seiner Erdenkinder durch den Geist, den er ausgesandt hat, um in den Seelen der sterblichen Menschen zu leben.
(1588.5) 141:2.2 Wenn ihr die Untertanen dieses Königreichs seid, dann werdet ihr in der Tat fähig sein, das Gesetz des Weltenlenkers zu vernehmen; aber wenn ihr euch gestützt auf das Evangelium vom Königreich, das zu verkündigen ich gekommen bin, kraft eures Glaubens als Söhne entdeckt, werdet ihr euch künftig nicht mehr als Geschöpfe betrachten, die den Gesetzen eines allmächtigen Königs unterworfen sind, sondern als privilegierte Söhne eines liebenden und göttlichen Vaters. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, wenn der Wille des Vaters euer Gesetz ist, dann befindet ihr euch schwerlich im Königreich. Aber wenn des Vaters Wille wahrhaftig euer Wille wird, dann seid ihr in Wahrheit im Königreich, weil dieses dadurch zu einer festen Erfahrung in euch geworden ist. Wenn Gottes Wille euer Gesetz ist, seid ihr vornehme Sklaven-Untertanen; wenn ihr aber an dieses neue Evangelium göttlicher Sohnschaft glaubt, wird meines Vaters Wille zu eurem Willen, und ihr werdet erhoben zu der hohen Stellung freier Kinder Gottes, befreiter Söhne des Königreichs.“
(1589.1) 141:2.3 Einige Apostel begriffen etwas von dieser Lehre, aber keiner, vielleicht mit Ausnahme des Jakobus Zebedäus, erfasste die ganze Bedeutung dieser ungeheuren Ankündigung. Dennoch senkten sich diese Worte in ihre Herzen, und sie traten in späteren Jahren wieder in ihr Bewusstsein und erfüllten sie bei ihrem Wirken mit Freude.
(1589.2) 141:3.1 Der Meister und seine Apostel blieben fast drei Wochen lang in der Nähe von Amathus. Die Apostel fuhren fort, zweimal täglich der Menge zu predigen, und Jesus predigte an jedem Sabbatnachmittag. Es wurde unmöglich, den freien Mittwoch aufrechtzuerhalten; deshalb bestimmte Andreas, dass immer zwei Apostel an jedem der sechs Wochentage ruhen sollten, während bei den Sabbatgottesdiensten alle Dienst hatten.
(1589.3) 141:3.2 Petrus, Jakobus und Johannes hielten die meisten öffentlichen Predigten. Philipp, Nathanael, Thomas und Simon leisteten viel persönliche Arbeit und leiteten Klassen für besondere Gruppen von Fragestellern; die Zwillinge überwachten wie immer die allgemeine Ordnung. Andreas, Matthäus und Judas entwickelten sich zu einem Dreierkomitee für allgemeine Verwaltungsaufgaben, auch wenn jeder von diesen dreien daneben beträchtliche religiöse Arbeit leistete.
(1589.4) 141:3.3 Andreas wurde von der Aufgabe stark in Anspruch genommen, bei den Missverständnissen und Meinungsverschiedenheiten ausgleichend zu wirken, die ständig zwischen den Jüngern des Johannes und den neueren Jüngern Jesu auftraten. Alle paar Tage entstanden ernste Situationen, aber Andreas schaffte es mit Unterstützung seiner apostolischen Mitarbeiter, die streitenden Parteien wenigstens zeitweilig zu einer Art Übereinkunft zu bringen. Jesus lehnte es ab, an irgendeiner dieser Unterredungen teilzunehmen, und gab auch nie irgendwelchen Rat, wie diesen Schwierigkeiten am besten begegnet werden könnte. Nie gab er einen einzigen Hinweis, wie die Apostel diese komplizierten Probleme lösen sollten. Wenn Andreas mit derartigen Fragen zu Jesus kam, pflegte er immer zu sagen: „Es ist unklug, wenn der Gastgeber an den Familienproblemen seiner Gäste teilnimmt; weise Eltern ergreifen bei den geringfügigen Streitigkeiten ihrer Kinder nie Partei.“
(1589.5) 141:3.4 In seinem ganzen Umgang mit den Aposteln und all seinen Jüngern zeigte der Meister stets große Weisheit und ließ vollkommene Fairness walten. Jesus war wirklich ein Menschenführer. Weil er in seiner Persönlichkeit Charme mit Kraft verband, übte er auf seine Mitmenschen einen großen Einfluss aus. Von seinem rauhen, nomadenhaften und heimatlosen Leben ging eine subtil befehlende Wirkung aus. Intellektueller Reiz und geistige Anziehungskraft lagen in seiner autoritativen Art des Lehrens, in seiner klaren Logik, in der Stärke seiner Argumentation, in seinem Scharfblick, in der Beweglichkeit seines Geistes, in seiner unvergleichlichen Gelassenheit, in seiner wunderbaren Toleranz. Er war einfach, männlich, ehrlich und ohne Furcht. Zu der physischen und intellektuellen Wirkung, die von des Meisters Gegenwart ausging, kam noch der ganze geistige Zauber seiner Wesensart, der seiner Persönlichkeit anhaftete — Geduld, Feinfühligkeit, Sanftmut, Freundlichkeit und Demut.
(1589.6) 141:3.5 Jesus von Nazareth war in der Tat eine starke und kraftvolle Persönlichkeit. Er war eine intellektuelle Macht und ein geistiges Bollwerk. Seine Persönlichkeit wirkte nicht nur auf geistig veranlagte Frauen unter seinen Anhängern, sondern ebenso auf den gebildeten und intellektuellen Nikodemus und auf jenen robusten römischen Soldaten, den wachhabenden Hauptmann beim Kreuz, der sagte, nachdem er den Meister hatte sterben sehen: „Wahrhaftig, das war ein Sohn Gottes.“ Und vitale, rauhe galiläische Fischer nannten ihn Meister.
(1590.1) 141:3.6 Die bildlichen Darstellungen von Jesus sind höchst unglücklich. Diese Gemälde von Christus haben auf Jugendliche einen schädlichen Einfluss ausgeübt. Die Tempelhändler hätten vor Jesus kaum die Flucht ergriffen, wenn er ein Mann von der Art gewesen wäre, wie ihn eure Künstler meist dargestellt haben. Er war von würdevoller Männlichkeit; er war gut, aber natürlich. Jesus spielte nicht den milden, sanften, freundlichen und liebenswürdigen Mystiker. Seine Unterweisung war von packender Dynamik. Er meinte es nicht nur gut, sondern er ging umher und tat Gutes.
(1590.2) 141:3.7 Der Meister sprach nie: „Kommt zu mir alle, die ihr geistig träge seid, und all ihr Träumer.“ Hingegen sagte er oft: „Kommt zu mir alle, die ihr euch abmüht, und ich werde euch Ruhe — geistige Kraft — schenken.“ Des Meisters Joch ist in der Tat leicht, aber dennoch drängt er es nie jemandem auf; jeder Einzelne muss sein Joch aus eigenem freiem Willen auf sich nehmen.
(1590.3) 141:3.8 Jesus verkörperte die Eroberung durch Opfer, Opferung von Stolz und Selbstsucht. Durch das an den Tag gelegte Erbarmen wollte er ein Bild der geistigen Befreiung von Groll, Bitterkeit, Verärgerung und selbstischen Macht- und Rachegelüsten geben. Und wenn er sagte: „Widersteht dem Üblen nicht“, so erklärte er später, er meine damit nicht, Sünde zu entschuldigen oder zu empfehlen, mit der Frevelhaftigkeit gemeinsame Sache zu machen. Vielmehr bezweckte er, Verzeihung zu lehren, „einer schlechten Behandlung der eigenen Persönlichkeit und bösartiger Verletzung von Gefühlen persönlicher Würde keinen Widerstand entgegenzusetzen“.
(1590.4) 141:4.1 Während ihres Aufenthaltes in Amathus verbrachte Jesus mit den Aposteln viel Zeit, um ihnen die neue Vorstellung von Gott nahe zu bringen; immer wieder prägte er ihnen ein, dass Gott ein Vater ist, kein mächtiger und oberster Buchhalter, der hauptsächlich damit beschäftigt ist, nachteilige Eintragungen über seine verirrten Kinder auf Erden und Aufzeichnungen über ihre Sünden und Schlechtigkeiten zu machen, um diese dereinst gegen sie zu verwenden, wenn er über sie zu Gericht sitzen wird als der gerechte Richter der ganzen Schöpfung. Die Juden hatten sich Gott lange als einen König über alle vorgestellt, sogar als einen Vater der Nation, aber nie zuvor hatte eine große Zahl sterblicher Menschen die Vorstellung von Gott als einem liebenden Vater des Einzelnen gehabt.
(1590.5) 141:4.2 Auf die Frage von Thomas: „Wer ist dieser Gott des Königreichs?“ gab Jesus zur Antwort: „Gott ist dein Vater, und Religion — mein Evangelium — ist nichts mehr und nichts weniger als die gläubige Erkenntnis der Wahrheit, dass du sein Sohn bist. Und ich bin hier leibhaftig unter euch, um diese beiden Ideen durch mein Leben und meine Unterweisung klar werden zu lassen.“
(1590.6) 141:4.3 Jesus versuchte auch, das Denken seiner Apostel von der Idee zu befreien, aus religiöser Pflicht Tieropfer darzubringen. Aber diese in der Religion des täglichen Opfers erzogenen Männer begriffen nur langsam, was er meinte. Dessen ungeachtet wurde der Meister nicht müde, sie zu lehren. Wenn es ihm nicht gelang, das Verständnis aller Apostel mit Hilfe einer Veranschaulichung zu erreichen, formulierte er seine Botschaft jeweils von neuem und gebrauchte zur besseren Erklärung eine andere Art von Gleichnis.
(1590.7) 141:4.4 Zu dieser Zeit begann Jesus, die Zwölf im Hinblick auf ihre Sendung, „die Betrübten aufzurichten und den Kranken beizustehen“, umfassender zu belehren. Der Meister lehrte sie vieles über den ganzen Menschen — über die Vereinigung von Körper, Verstand und Geist zur Bildung der einzelnen männlichen oder weiblichen Person. Jesus sprach zu seinen Gefährten von drei Arten von Gebrechen, die sie antreffen würden, und ging dann dazu über, ihnen zu erklären, wie sie sich all derer annehmen sollten, über die das Leid menschlicher Krankheit gekommen war. Er lehrte sie zu erkennen:
(1591.1) 141:4.5 1. Gebrechen des Fleisches — jene Beschwerden, die gewöhnlich als physische Krankheiten angeschaut werden.
(1591.2) 141:4.6 2. Gemütsstörungen — jene nicht physischen Gebrechen, die man später als emotionelle und mentale Schwierigkeiten und Gestörtheiten betrachtet hat.
(1591.3) 141:4.7 3. Die Besessenheit durch böse Geister.
(1591.4) 141:4.8 Jesus erklärte seinen Aposteln bei verschiedenen Gelegenheiten die Natur dieser bösen, zu jener Zeit oft auch unrein genannten Geister, und einiges bezüglich ihres Ursprungs. Der Meister kannte den Unterschied zwischen Besessenheit durch böse Geister und Geisteskrankheit gut, nicht aber die Apostel. Angesichts ihres begrenzten Wissens über die frühe Geschichte Urantias war ihm der Versuch, ihnen die Angelegenheit völlig klarzumachen, nicht möglich. Aber mit Bezug auf diese bösen Geister sagte er viele Male zu ihnen: „Sie werden die Menschen nicht mehr belästigen, nachdem ich zu meinem Vater im Himmel aufgestiegen bin und meinen Geist über alles Fleisch ausgegossen habe zu der Zeit, wenn das Königreich mit großer Macht und in geistiger Herrlichkeit kommen wird.“
(1591.5) 141:4.9 Dies ganze Jahr hindurch schenkten die Apostel der Heilung der Kranken von Woche zu Woche und von Monat zu Monat größere Aufmerksamkeit.
(1591.6) 141:5.1 Eine der wichtigsten aller abendlichen Zusammenkünfte in Amathus war jene, bei der die geistige Einheit besprochen wurde. Jakobus Zebedäus hatte gefragt: „Wie können wir lernen, gleiche Anschauungen zu haben und uns dadurch größerer Harmonie untereinander zu erfreuen?“ Als Jesus diese Frage hörte, wurde sein Geist sehr aufgewühlt, so sehr, dass er erwiderte: „Jakobus, Jakobus, wann habe ich euch gelehrt, ihr sollt alle gleich denken? Ich bin in die Welt gekommen, um die geistige Freiheit zu verkündigen, damit die Sterblichen die Möglichkeit erhalten, ihr individuelles Leben in Originalität und Freiheit vor Gott zu leben. Ich wünsche nicht, dass soziale Harmonie und brüderlicher Friede durch Opferung der freien Persönlichkeit und der geistigen Eigenart erkauft werden sollen. Was ich von euch, meine Apostel, verlange, ist Einheit im Geiste, und diese könnt ihr in der Freude eurer gemeinsamen Hingabe an den von ganzem Herzen ausgeführten Willen meines Vaters im Himmel erleben. Ihr braucht weder gleicher Anschauung zu sein, noch gleich zu fühlen oder gar gleich zu denken, um im Geiste gleich zu sein. Geistige Einheit entsteht aus dem Bewusstsein, dass jeder von euch vom Geist, der Gabe des himmlischen Vaters bewohnt und zunehmend beherrscht wird. Euer apostolisches Einvernehmen muss aus der Tatsache erwachsen, dass diese geistige Hoffnung eines jeden von euch nach Ursprung, Natur und Bestimmung identisch ist.
(1591.7) 141:5.2 Auf diese Weise könnt ihr eine vervollkommnete Einheit in geistiger Zielsetzung und geistigem Verständnis erfahren, die aus dem gemeinsamen Bewusstsein erwächst, dass jeder der euch bewohnenden Paradies-Geiste mit dem anderen identisch ist; und ihr könnt euch dieser tiefen geistigen Einheit erfreuen sogar angesichts der größten Verschiedenheit eurer individuellen Art intellektuellen Denkens, anlagebedingten Fühlens und sozialen Verhaltens. Eure Persönlichkeiten können sehr wohl erfrischend verschieden und betont unterschiedlich sein, aber eure geistige Natur und die Geistesfrüchte göttlicher Anbetung und brüderlicher Liebe können so einheitlich sein, dass alle, die eurer Leben betrachten, mit Sicherheit von dieser Geistesidentität und Seeleneinheit Kenntnis nehmen werden. Sie werden erkennen, dass ihr mit mir gewesen seid und dabei hinreichend gelernt habt, wie man den Willen des Vaters im Himmel tut. Ihr könnt die Einheit im Dienste Gottes gerade dadurch erlangen, dass ihr diesen Dienst in Übereinstimmung mit der Art eurer eigenen angestammten Gaben von Verstand, Körper und Seele tut.
(1592.1) 141:5.3 Eure geistige Einheit schließt zwei Dinge ein, die man im Leben der einzelnen Gläubigen immer in Harmonie antrifft: Erstens besitzt ihr einen gemeinsamen Beweggrund für den Dienst des Lebens; ihr alle wünscht vor allen Dingen, den Willen des Vaters im Himmel zu tun. Zweitens habt ihr alle ein gemeinsames Existenzziel; ihr beabsichtigt alle, den Vater im Himmel zu finden, um dadurch dem Universum zu bekunden, dass ihr ihm ähnlich geworden seid.“
(1592.2) 141:5.4 Während der Schulung der Zwölf kam Jesus oft auf dieses Thema zurück. Zu wiederholten Malen sagte er ihnen, er wünsche nicht, dass die, die an ihn glauben, durch Dogmen und Normen gebunden würden entsprechend den religiösen Auslegungen selbst guter Menschen. Immer und immer wieder warnte er seine Apostel vor der Formulierung von Glaubenssätzen und der Schaffung von Traditionen als Mittel zur Führung und Kontrolle derer, die an das Evangelium vom Königreich glauben.
(1592.3) 141:6.1 Gegen Ende der letzten Woche in Amathus brachte Simon Zelotes einen gewissen Teherma zu Jesus, einen Perser, der in Damaskus Geschäften nachging. Teherma hatte von Jesus gehört und war nach Kapernaum gekommen, um ihn zu treffen. Als er dort erfuhr, dass sich Jesus mit seinen Aposteln den Jordan hinunter auf den Weg nach Jerusalem begeben hatte, machte er sich auf, um ihn aufzufinden. Andreas hatte ihn Simon zur Unterweisung übergeben. Simon betrachtete den Perser als einen „Feueranbeter“, obwohl Teherma sich große Mühe gab zu erklären, dass Feuer bloß das sichtbare Symbol für den Reinen und Heiligen war. Nach seinem Gespräch mit Jesus bekundete der Perser seine Absicht, mehrere Tage zu bleiben, um dem Unterricht beizuwohnen und den Predigten zuzuhören.
(1592.4) 141:6.2 Als Simon Zelotes und Jesus allein waren, fragte Simon den Meister: „Wie kommt es, dass es mir nicht gelungen ist, ihn zu überzeugen? Warum hat er mir so sehr widerstanden und dir so willig sein Ohr geliehen?“ Jesus antwortete: „Simon, Simon, wie oft habe ich euch gelehrt, von jedem Versuch Abstand zu nehmen, etwas aus den Herzen jener, die das Heil suchen, heraus zunehmen? Wie oft habe ich euch gesagt, nur darauf hinzuarbeiten, etwas in diese hungrigen Seelen hinein zulegen? Führt die Menschen in das Königreich, und dessen große und lebendige Wahrheiten werden ernsthafte Irrtümer bald austreiben. Nachdem du einem sterblichen Menschen die gute Nachricht, dass Gott sein Vater ist, eröffnet hast, kannst du ihn um so leichter davon überzeugen, dass er wirklich ein Sohn Gottes ist. Und wenn du das getan, hast du dem, der in der Dunkelheit sitzt, das rettende Licht gebracht. Simon, als der Menschensohn zum ersten Mal auf dich zukam, verurteilte er da Moses und die Propheten und verkündete eine neue und bessere Lebensweise? Nein. Ich bin nicht gekommen, um euch wegzunehmen, was ihr von euren Vorvätern hattet, sondern um euch eine vollkommenere Vorstellung von dem zu geben, was eure Väter nur teilweise erkannt haben. Geh also das Königreich verkündigen und predigen, Simon, und wenn du einen Menschen heil und sicher ins Königreich gebracht hast, dann ist es Zeit, ihn, sofern er mit Fragen zu dir kommt, über Dinge zu belehren, die mit dem stetigen Weiterkommen der Seele im himmlischen Königreich zu tun haben.“
(1592.5) 141:6.3 Simon war über diese Worte verwundert, aber er tat, wie Jesus ihn unterwiesen hatte, und Teherma, der Perser, zählte zu denen, die ins Königreich eintraten.
(1592.6) 141:6.4 An diesem Abend sprach Jesus zu den Aposteln über das neue Leben im Königreich. Unter anderem sagte er: „Wenn ihr ins Königreich eintretet, werdet ihr wiedergeboren. Die tiefen Dinge des Geistes könnt ihr jene nicht lehren, die nur vom Fleisch geboren sind; seht erst zu, dass die Menschen vom Geist geboren sind, bevor ihr versucht, sie in der fortgeschritteneren Art und Weise des Geistes zu unterrichten. Versucht nicht, den Menschen die Schönheiten des Tempels zu zeigen, bevor ihr sie in den Tempel hineingeführt habt. Führt die Menschen bei Gott ein, und zwar als die Söhne Gottes, bevor ihr Reden über die Lehrsätze der Vaterschaft Gottes und der Sohnschaft der Menschen haltet. Kämpft nicht mit den Menschen — seid immer geduldig. Es ist nicht euer Königreich; ihr seid nur Botschafter. Geht ganz einfach verkünden: dies ist das Königreich des Himmels — Gott ist euer Vater und ihr seid seine Söhne, und diese gute Nachricht ist euer ewiges Heil, wenn ihr von ganzem Herzen daran glaubt.“
(1593.1) 141:6.5 Die Apostel machten während ihres Aufenthaltes in Amathus große Fortschritte. Aber sie waren sehr enttäuscht darüber, dass Jesus ihnen keine Anregungen für den Umgang mit den Jüngern des Johannes geben wollte. Sogar in der wichtigen Frage der Taufe war alles, was Jesus sagte: „Johannes taufte in der Tat mit Wasser, aber wenn ihr ins Königreich des Himmels eintretet, werdet ihr mit dem Geist getauft werden.“
(1593.2) 141:7.1 Am 26. Februar zogen Jesus, seine Apostel und eine große Gruppe von Anhängern am Jordan entlang hinunter bis zur Furt in der Nähe von Bethanien in Peräa, an den Ort, an dem Johannes das kommende Königreich zum ersten Mal verkündet hatte. Hier blieb Jesus vier Wochen lang mit seinen Aposteln; sie lehrten und predigten, bevor sie nach Jerusalem hinauf weitergingen.
(1593.3) 141:7.2 In der zweiten Woche ihres Aufenthaltes bei Bethanien jenseits des Jordans nahm Jesus Petrus, Jakobus und Johannes in die Berge mit, die auf der anderen Seite des Flusses südlich von Jericho lagen, um sich drei Tage lang auszuruhen. Der Meister lehrte diese drei manche neue und höhere Wahrheiten über das Königreich des Himmels. Für unseren Bericht werden wir seine Lehren wie folgt umordnen und einteilen:
(1593.4) 141:7.3 Jesus bemühte sich, Folgendes klarzumachen: Er wünschte, dass seine Jünger nach ihren ersten Erfahrungen mit den guten Geistesrealitäten des Königreichs so in der Welt lebten, dass sich Menschen, die sie leben sahen, des Königreichs bewusst und dazu geführt würden, sich bei Gläubigen nach dem Königreich zu erkundigen. Alle solchen aufrichtigen Wahrheitssucher sind stets glücklich, wenn sie die frohe Botschaft von der Gabe des Glaubens hören, welche die Zulassung zum Königreich mit seinen ewigen und göttlichen Geistesrealitäten zusichert.
(1593.5) 141:7.4 Der Meister bemühte sich, allen Lehrern des Evangeliums vom Königreich einzuprägen, dass ihre einzige Aufgabe darin bestehe, dem einzelnen Menschen Gott als seinen Vater zu offenbaren — diesen einzelnen Menschen dahin zu führen, sich als Sohn bewusst zu werden; und danach diesen Menschen Gott vorzustellen als dessen gläubigen Sohn. Diese beiden wesentlichen Offenbarungen sind in Jesus erfüllt. Er wurde in der Tat „der Weg, die Wahrheit und das Leben“. Jesu Religion stützte sich völlig auf das Leben seiner Selbsthingabe auf Erden. Als Jesus von dieser Welt schied, ließ er weder Bücher zurück noch Gesetze oder andere, das religiöse Leben des Einzelnen berührende Formen menschlicher Organisation.
(1593.6) 141:7.5 Jesus machte klar, dass er gekommen war, um mit den Menschen persönliche und ewige Beziehungen herzustellen, die für alle Zeiten Vorrang vor allen anderen menschlichen Beziehungen haben würden. Und er betonte, dass diese innige geistige Verbundenheit auf alle Menschen jeden Alters und jeder gesellschaftlichen Stellung in allen Völkern ausgeweitet werden solle. Die einzige Belohnung, die er seinen Kindern in Aussicht stellte, war: In dieser Welt — geistige Freude und göttliche Gemeinschaft; in der nächsten Welt — ewiges Leben im Fortschritt in den göttlichen Geistrealitäten des Paradies-Vaters.
(1593.7) 141:7.6 Ganz besondere Bedeutung maß Jesus dem zu, was er die beiden wichtigsten Wahrheiten der Lehre vom Königreich nannte; es sind: Die Erlangung des Heils durch den Glauben und durch den Glauben allein, in Verbindung mit der revolutionären Lehre von der Erlangung der menschlichen Freiheit durch die aufrichtige Erkenntnis der Wahrheit: „Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.“ Jesus war die Fleisch gewordene Wahrheit, und er versprach, seinen Geist der Wahrheit nach seiner Rückkehr zum Vater im Himmel in die Herzen aller seiner Kinder zu senden.
(1594.1) 141:7.7 Der Meister lehrte die Apostel das Wesentliche der Wahrheit für ein ganzes Zeitalter auf Erden. Oft lauschten sie seinem Unterricht, während das, was er sagte, in Wirklichkeit für die Inspiration und Erbauung anderer Welten bestimmt war. Er gab das Beispiel für einen neuen und originalen Lebensplan. Vom menschlichen Standpunkt aus war er tatsächlich ein Jude, aber er lebte sein Leben für die ganze Erde als ein Sterblicher dieser Welt.
(1594.2) 141:7.8 Um sicher zu gehen, dass sein Vater bei der Entfaltung des Plans des Königreichs erkannt werden würde, hatte Jesus, wie er erklärte, „die Großen dieser Erde“ mit Absicht nicht beachtet. Er begann sein Werk bei den Armen, bei derjenigen Klasse, die von den meisten evolutionären Religionen der vorangegangenen Zeitalter so sehr vernachlässigt worden war. Er verachtete niemanden; sein Plan war weltumfassend und sogar universell. Er verkündigte all dies mit solcher Kühnheit und Eindringlichkeit, dass sogar Petrus, Jakobus und Johannes versucht waren zu denken, er sei wohl außer sich geraten.
(1594.3) 141:7.9 Auf sanfte Weise bemühte er sich, diesen Aposteln die Wahrheit zu vermitteln, dass er diese Mission der Selbsthingabe nicht unternommen hatte, um einigen wenigen Erdengeschöpfen ein Beispiel zu geben, sondern um für alle Völker auf allen Welten seines ganzen Universums einen Maßstab menschlichen Lebens zu setzen und vorzuleben. Und dieser Maßstab näherte sich der höchsten Vollkommenheit, sogar der vollkommenen Güte des Universalen Vaters. Aber die Apostel konnten den Sinn seiner Worte nicht erfassen.
(1594.4) 141:7.10 Er verkündete, er sei gekommen, um als Lehrer, als ein vom Himmel gesandter Lehrer zu wirken, um dem materiellen Verstand geistige Wahrheit vor Augen zu führen. Und genau das tat er; er war ein Lehrer, kein Prediger. Aus menschlicher Sicht war Petrus ein weit wirkungsvollerer Prediger als Jesus. Jesu Predigten waren so wirkungsvoll wegen seiner einzigartigen Persönlichkeit, weniger wegen unwiderstehlicher rednerischer oder gefühlsmäßiger Anziehungskraft. Jesus sprach direkt zu den Seelen der Menschen. Er war ein Lehrer des menschlichen Geistes, aber durch den Verstand. Er lebte mit den Menschen.
(1594.5) 141:7.11 Bei dieser Gelegenheit deutete Jesus gegenüber Petrus, Jakobus und Johannes an, dass durch die Anweisung seines „Mitarbeiters im Himmel“ seinem irdischen Werk in mancher Beziehung Beschränkungen auferlegt waren. Er spielte dabei auf die der Selbsthingabe vorangegangenen Instruktionen seines Paradies-Bruders Immanuel an. Er sagte ihnen, er sei gekommen, um einzig und allein seines Vaters Willen zu tun. Da er dieses Ziel mit ganzem Herzen anstrebte, wurde ihm nicht bange angesichts des Bösen in der Welt.
(1594.6) 141:7.12 Allmählich wurde den Aposteln die ungekünstelte Freundlichkeit Jesu bewusst. Obwohl man leicht an den Meister herantreten konnte, lebte er stets unabhängig von allen menschlichen Wesen und über ihnen. Nie beherrschte ihn auch nur für einen einzigen Augenblick ein rein menschlicher Einfluss, nie war er abhängig von oberflächlichem menschlichem Urteil. Er schenkte der öffentlichen Meinung keine Beachtung, und Lob ließ ihn unbeeinflusst. Er unterbrach sich selten, um Missverständnisse auszuräumen oder sich über falsche Darstellungen aufzuhalten. Er holte nie eines Menschen Rat ein; er bat nie um Gebete.
(1594.7) 141:7.13 Jakobus wunderte sich darüber, wie Jesus von allem Anfang an das Ende zu sehen schien. Der Meister schien selten von etwas überrascht zu sein. Er war nie aufgeregt, ärgerlich oder fassungslos. Er entschuldigte sich bei keinem Menschen. Er war zuzeiten betrübt, aber nie entmutigt.
(1594.8) 141:7.14 Johannes nahm klarer wahr, dass er trotz all seiner göttlichen Gaben im letzten Grunde menschlich war. Jesus lebte als Mensch unter Menschen; er verstand sie, liebte sie und wusste mit ihnen umzugehen. Er war in seinem persönlichen Leben so menschlich und doch so frei von Fehlern. Und er war immer selbstlos.
(1595.1) 141:7.15 Obwohl Petrus, Jakobus und Johannes von dem, was Jesus bei dieser Gelegenheit sagte, nicht sehr viel verstehen konnten, klangen seine gütigen Worte in ihren Herzen nach und traten nach der Kreuzigung und Auferstehung wieder in ihr Bewusstsein, um ihr späteres Wirken sehr zu bereichern und zu beglücken. Kein Wunder, dass diese Apostel des Meisters Worte nicht ganz erfassten, denn er entwarf vor ihnen den Plan eines neuen Zeitalters.
(1595.2) 141:8.1 Während des vierwöchigen Aufenthaltes in Bethanien jenseits des Jordans gab Andreas mehrmals wöchentlich einem apostolischen Paar den Auftrag, sich für einen oder zwei Tage nach Jericho zu begeben. In Jericho glaubten viele an Johannes, und die Mehrzahl von ihnen begrüßte die höher stehenden Lehren Jesu und seiner Apostel. Bei diesen Besuchen in Jericho begannen die Apostel, Jesu Anweisung, den Kranken Trost zu spenden, genauer zu befolgen; sie betraten jedes Haus der Stadt und gaben sich Mühe, jeden Leidenden aufzurichten.
(1595.3) 141:8.2 Die Apostel betätigten sich zwar in Jericho auch öffentlich, aber ihre Bemühungen waren überwiegend stillerer und persönlicherer Natur. Sie machten jetzt die Entdeckung, dass die gute Nachricht vom Königreich ein großer Trost für die Kranken war und dass ihre Botschaft den Leidenden Heilung brachte. Hier in Jericho war es, dass Jesu Auftrag an die Zwölf, die frohe Botschaft des Königreichs zu predigen und den Leidenden beizustehen, zum ersten Mal voll verwirklicht wurde.
(1595.4) 141:8.3 Auf dem Weg nach Jerusalem machten sie in Jericho Halt, wo sie von einer Abordnung aus Mesopotamien eingeholt wurden, die gekommen war, um sich mit Jesus zu besprechen. Die Apostel hatten geplant, hier nur einen Tag zu verbringen, aber als diese Wahrheitssucher aus dem Osten eintrafen, verbrachte Jesus drei Tage mit ihnen, und sie kehrten an ihre jeweiligen Wohnstätten am Euphrat zurück in dem glücklichen Wissen um die neuen Wahrheiten des Königreichs des Himmels.
(1595.5) 141:9.1 Am letzen Märztag, einem Montag, machten sich Jesus und die Apostel auf den Weg bergaufwärts nach Jerusalem. Lazarus aus Bethanien war zweimal unten am Jordan gewesen, um Jesus zu sehen, und alle Vorkehrungen waren getroffen worden, damit der Meister und seine Apostel ihr Hauptquartier bei Lazarus und seinen Schwestern in Bethanien einrichten konnten, so lange sie in Jerusalem bleiben wollten.
(1595.6) 141:9.2 Die Jünger des Johannes blieben in Bethanien jenseits des Jordans, wo sie lehrten und die Menge tauften, so dass Jesus nur in Begleitung der Zwölf war, als er beim Hause des Lazarus anlangte. Jesus und die Apostel verweilten hier fünf Tage. Sie ruhten sich aus und erfrischten sich, bevor sie nach Jerusalem zum Passahfest weitergingen. Es war ein großes Ereignis im Leben von Martha und Maria, den Meister und seine Apostel im Hause ihres Bruders zu haben, wo sie für ihre Bedürfnisse sorgen konnten.
(1595.7) 141:9.3 Am Sonntagmorgen, dem 6. April, gingen Jesus und die Apostel nach Jerusalem hinab; zum ersten Mal war der Meister zusammen mit allen Zwölfen dort.