(828.1) 74:0.1 VOM Jahr 1934 aus zurückgerechnet, kamen Adam und Eva vor 37 848 Jahren auf Urantia an. Sie trafen mitten in der schönen Jahreszeit ein, als der Garten in voller Blüte stand. Am Mittag und unangemeldet ließen sich die beiden seraphischen Transporte langsam auf der Oberfläche des sich drehenden Planeten in der Nachbarschaft des Tempels des Universalen Vaters nieder. Sie waren von dem mit der Überführung der biologischen Veredler Urantias betrauten Personal begleitet. Das ganze Werk der Neumaterialisierung der Körper von Adam und Eva wurde im Bereich dieses vor kurzem erbauten Heiligtums vollzogen. Und vom Zeitpunkt ihrer Ankunft an verstrichen zehn Tage, bis sie der Welt in neu erschaffener dualer Menschengestalt als die neuen Herrscher vorgestellt werden konnten. Sie gewannen ihr Bewusstsein gleichzeitig wieder. Die Materiellen Söhne und Töchter dienen immer zusammen. Es gehört zu allen Zeiten und an allen Orten zum Wesen ihres Dienstes, nie getrennt zu werden. Sie sind dazu bestimmt, in Paaren zu arbeiten; selten wirken sie allein.
(828.2) 74:1.1 Die Planetarischen Adam und Eva Urantias waren unter der gemeinsamen Nummer 14 311 Mitglieder des Seniorkorps der Materiellen Söhne Jerusems. Sie gehörten zur dritten physischen Serie und maßen etwa zwei Meter fünfzig.
(828.3) 74:1.2 Als Adam ausgewählt wurde, um nach Urantia zu kommen, war er mit seiner Gefährtin in den physischen Versuchslaboratorien Jerusems beschäftigt. Über fünfzehntausend Jahre lang hatten sie die Abteilung für experimentelle Energie in ihrer Anwendung auf die Modifizierung lebendiger Formen geleitet. Lange zuvor hatten sie an den Staatsbürgerschaftsschulen für Neuankömmlinge auf Jerusem gelehrt. Und an all das sollte man sich beim Lesen des Berichts über ihr späteres Verhalten auf Urantia erinnern.
(828.4) 74:1.3 Als der Ruf nach Freiwilligen für das adamische Abenteuer auf Urantia erging, meldete sich das gesamte Seniorkorps Materieller Söhne und Töchter. Mit Billigung Lanaforges und der Allerhöchsten Edentias wählten die examinierenden Melchisedeks schließlich jene Adam und Eva aus, die in der Folge als biologische Veredler Urantias wirkten.
(828.5) 74:1.4 Adam und Eva waren Michael während der Rebellion Luzifers treu geblieben; trotzdem wurde das Paar vor den Souverän des Systems und sein gesamtes Kabinett gerufen, um geprüft und unterrichtet zu werden. Man setzte ihnen die Angelegenheiten Urantias in allen Einzelheiten auseinander; sie wurden gründlichst über die Pläne ins Bild gesetzt, die sie bei der Annahme der Herrscherverantwortung auf solch einer von Zwietracht zerrissenen Welt zu verfolgen hatten. Gemeinsam mussten sie den Allerhöchsten Edentias und Michael von Salvington Treue geloben. Und sie wurden in aller Form darauf hingewiesen, dass sie sich als dem Korps der Melchisedek- Treuhänder Unterstehende zu betrachten hatten, bis es diesem Regierungskörper angezeigt erschiene, die Herrschaft über die ihm anvertraute Welt abzutreten.
(829.1) 74:1.5 Das Paar aus Jerusem ließ in der Kapitale Satanias und anderswo hundert Nachkommen zurück — fünfzig Söhne und fünfzig Töchter — wunderbare Geschöpfe, die den Fallen der Vorwärtsbewegung auszuweichen gewusst hatten und die alle zu der Zeit, da ihre Eltern nach Urantia abreisten, als treue Verwalter universelle Vertrauensaufgaben erfüllten. Und sie waren vollzählig im prächtigen Tempel der Materiellen Söhne versammelt, um den Abschiedsfeierlichkeiten beizuwohnen, die mit den letzten Zeremonien der Annahme des Dieneramtes einhergingen. Die Kinder begleiteten ihre Eltern zum Dematerialisierungssitz ihrer Ordnung und waren die letzten, die von ihnen Abschied nahmen und ihnen göttlichen Beistand wünschten, ehe diese in Vorbereitung auf den seraphischen Transport in Schlaf fielen und ihr persönliches Bewusstsein verloren. Die Kinder verbrachten noch einige Zeit bei einem Familientreffen und freuten sich darüber, dass ihre Eltern bald die sichtbaren Lenker, in Wirklichkeit die einzigen Herrscher, über den Planeten 606 im System Satanias sein würden.
(829.2) 74:1.6 Und so verließen Adam und Eva Jerusem unter dem Jubel und den Segenswünschen seiner Bürger. Als sie zu ihren neuen Verantwortlichkeiten aufbrachen, waren sie bestens ausgerüstet und hatten genaue Kenntnis von allen Pflichten und Gefahren, die sie auf Urantia erwarteten.
(829.3) 74:2.1 Adam und Eva schliefen auf Jerusem ein, und als sie im Tempel des Vaters auf Urantia in Gegenwart einer großen Menge aufwachten, die sich zu ihrem Willkomm versammelt hatte, fanden sie sich zwei Wesen gegenüber, von denen sie viel gehört hatten: Van und seinem treuen Gefährten Amadon. Diese beiden Helden der Sezession Caligastias waren die ersten, die sie in ihrem neuen Zuhause im Garten willkommen hießen.
(829.4) 74:2.2 Die Sprache Edens war ein andonischer Dialekt, wie Amadon ihn sprach. Van und Amadon hatten dieses Idiom durch Schaffung eines Alphabets von vierundzwanzig Buchstaben bedeutend verbessert und gehofft, dass es zur Sprache Urantias würde, wenn sich die Kultur Edens einmal über die ganze Welt ausbreiten würde. Adam und Eva hatten sich diesen menschlichen Dialekt völlig angeeignet, bevor sie Jerusem verließen, so dass der Sohn Andons den hohen Herrscher seiner Welt sich in seiner eigenen Sprache an ihn wenden hörte.
(829.5) 74:2.3 Und an jenem Tag herrschte in ganz Eden große Aufregung und Freude, und die Läufer begaben sich in großer Eile an den Ort, wo man Brieftauben von nah und fern versammelt hatte, und schrieen: „Lasst die Vögel los! Lasst sie die Nachricht hinaustragen, dass der versprochene Sohn gekommen ist!“ In Hunderten von Siedlungen hatten Gläubige den Vorrat an diesen selbst abgerichteten Tauben gerade im Hinblick auf ein solches Ereignis Jahr für Jahr getreulich aufgefüllt.
(829.6) 74:2.4 Als die Nachricht von Adams Ankunft nach außen drang, nahmen Tausende von Mitgliedern der benachbarten Stämme die Lehren Vans und Amadons an, und monatelang strömten Pilger nach Eden, um Adam und Eva willkommen zu heißen und den unsichtbaren Vater zu verehren.
(829.7) 74:2.5 Bald nach ihrem Erwachen wurden Adam und Eva zum offiziellen Empfang auf die Anhöhe im Norden des Tempels eskortiert. Diese natürliche Erhebung war vergrößert und für die Amtseinsetzung der neuen Herrscher der Welt hergerichtet worden. Hier hieß das Empfangskomitee Urantias zur Mittagsstunde den Sohn und die Tochter des Systems von Satania willkommen. Amadon war der Präsident des Komitees, das zwölf Mitglieder zählte, nämlich: einen Vertreter jeder der sechs Sangikrassen; das amtierende Oberhaupt der Mittler; Annan, eine loyale Tochter der Noditen und deren Sprecherin; Noah, Sohn des Architekten und Erbauers des Gartens und Ausführender der Pläne seines verstorbenen Vaters; und die zwei auf Urantia residierenden Lebensbringer.
(830.1) 74:2.6 Der nächste Akt war die Erteilung des Auftrags planetarischer Verwaltung an Adam und Eva durch den Senior-Melchisedek, Leiter des Treuhänderrates von Urantia. Der Materielle Sohn und die Materielle Tochter leisteten gegenüber den Allerhöchsten Norlatiadeks und Michael von Nebadon den Treueeid und wurden von Van zu Herrschern Urantias erklärt. Damit legte Van die nominelle Autorität nieder, die er aufgrund der Verfügung der Melchisedek-Treuhänder über hundertfünfzigtausend Jahre lang innegehabt hatte.
(830.2) 74:2.7 Und Adam und Eva wurden bei diesem Anlass, dem Augenblick ihrer förmlichen Einsetzung in die Weltherrschaft, in königliche Gewänder gekleidet. Nicht alle Künste Dalamatias waren der Welt verloren gegangen; in den Tagen Edens wurde immer noch gewoben.
(830.3) 74:2.8 Darauf erscholl die Proklamation der Erzengel und die vom Fernmeldewesen übertragene Stimme Gabriels, die Urantias zweites Gericht mit Namensaufruf dekretierte sowie die Auferstehung der schlafenden Fortlebenden der zweiten Dispensation der Gnade und Barmherzigkeit auf der Nummer 606 von Satania. Die Dispensation des Fürsten ist zu Ende, das Zeitalter Adams, die dritte planetarische Epoche, hebt mit Szenen von einfacher Größe an, und die neuen Lenker Urantias beginnen ihre Herrschaft unter scheinbar günstigen Voraussetzungen trotz der weltweiten Verwirrung, die auf dem Planeten infolge der verweigerten Zusammenarbeit ihres die Autorität ausübenden Vorgängers herrscht.
(830.4) 74:3.1 Und jetzt, nach ihrer förmlichen Einsetzung, wurden sich Adam und Eva ihrer planetarischen Isolation schmerzlich bewusst. Die vertrauten Fernmeldungen blieben stumm, und abwesend waren alle Kreisläufe außerplanetarischer Kommunikation. Ihre Gefährten Jerusems hatten sich auf Welten begeben, auf denen alles glatt verlief und ein fest im Sattel sitzender Planetarischer Fürst mit einem erfahrenen Stab sie willig empfing und während ihrer frühen Erfahrung auf solchen Welten kompetent mit ihnen zusammenarbeitete. Aber auf Urantia hatte die Rebellion alles verändert. Hier war der Planetarische Fürst sehr gegenwärtig, und obwohl er seiner Macht, Böses zu tun, größtenteils beraubt war, war er immer noch in der Lage, Adams und Evas Aufgabe zu erschweren und bis zu einem gewissen Grade in Frage zu stellen. Ernst und desillusioniert wanderten der Sohn und die Tochter aus Jerusem an jenem Abend im Lichte des Vollmonds durch den Garten, während sie Pläne für den nächsten Tag besprachen.
(830.5) 74:3.2 So endete der erste Tag Adams und Evas auf dem isolierten Urantia, dem durch den Verrat Caligastias durcheinander geratenen Planeten; und sie wanderten und besprachen sich noch bis tief in die Nacht hinein, ihre erste Nacht auf Erden — und fühlten sich so sehr einsam.
(830.6) 74:3.3 Seinen zweiten Tag auf Erden verbrachte Adam bei einer Sitzung mit den planetarischen Treuhändern und dem beratenden Gremium. Von den Melchisedeks und ihren Mitarbeitern erfuhren Adam und Eva mehr Einzelheiten über die Rebellion Caligastias und die Auswirkung dieser Erhebung auf den Fortschritt der Welt. Und dieser lange Bericht über die schlechte Führung der Weltangelegenheiten war insgesamt eine bedrückende Geschichte. Sie lernten alle Tatsachen über den völligen Zusammenbruch des Plans Caligastias zur Beschleunigung des gesellschaftlichen Evolutionsprozesses kennen. Sie wurden sich dabei auch ganz der Torheit bewusst, den planetarischen Fortschritt unabhängig vom göttlichen Plan der Weiterentwicklung erreichen zu wollen. Und so ging ein trauriger, aber Klarheit schaffender Tag zu Ende — ihr zweiter auf Urantia.
(831.1) 74:3.4 Der Dritte Tag galt der Besichtigung des Gartens. Vom Rücken der großen Passagiervögel — der Fandore — herab überblickten Adam und Eva die Weiten des Gartens, während sie über diesem schönsten Ort der Erde durch die Lüfte getragen wurden. Dieser Besichtigungstag endete mit einem riesigen Bankett zu Ehren all derer, die hart gearbeitet hatten, um diesen Garten edenischer Schönheit und Größe entstehen zu lassen. Und wieder wanderten der Sohn und seine Gefährtin an ihrem dritten Tag bis spät in die Nacht im Garten umher und sprachen miteinander über das gewaltige Ausmaß ihrer Probleme.
(831.2) 74:3.5 Am vierten Tag wandten sich Adam und Eva an die im Garten Versammelten. Vom Einweihungshügel herab sprachen sie zum Volk über ihre Pläne zum Wiederaufbau der Welt und umrissen die Methoden, mit deren Hilfe sie versuchen würden, die gesellschaftliche Kultur Urantias von der tiefen Stufe, auf die sie durch Sünde und Rebellion gesunken war, wieder hochzubringen. Das war ein großer Tag, und er schloss mit einem Fest für den Rat von Männern und Frauen, die ausgewählt worden waren, um in der neuen Verwaltung der Weltangelegenheiten Verantwortungen zu übernehmen. Merkt euch gut: Sowohl Frauen als auch Männer gehörten dieser Gruppe an, und es war seit den Tagen Dalamatias das erste Mal, dass so etwas auf Erden geschah. Es war eine erstaunliche Neuerung, Eva, eine Frau, Ehren und Verantwortlichkeiten in den Weltangelegenheiten mit einem Mann teilen zu sehen. Und damit endete der vierte Tag auf Erden.
(831.3) 74:3.6 Der fünfte Tag war ausgefüllt mit der Organisation einer provisorischen Regierung, einer Verwaltung, die so lange zu funktionieren hatte, bis die Melchisedek-Treuhänder Urantia verlassen würden.
(831.4) 74:3.7 Der sechste Tag wurde der Besichtigung der zahlreichen Menschen- und Tiertypen gewidmet. Den ganzen Tag über wurden Adam und Eva an den Mauern im Osten Edens entlang eskortiert, wo sie das Tierleben des Planeten betrachten und zu einer besseren Vorstellung darüber gelangen konnten, was getan werden musste, um Ordnung in das Durcheinander einer Welt zu bringen, die von einer derartigen Vielfalt lebender Geschöpfe bewohnt wurde.
(831.5) 74:3.8 All jene, die Adam auf diesem Ausflug begleiteten, versetzte die Beobachtung in großes Erstaunen, wie gründlich er Natur und Funktion der Tausende und Abertausende von Tieren, die man ihm zeigte, verstand. Wann immer er ein Tier erblickte, konnte er dessen Natur und Verhalten sofort beschreiben. Adam konnte Ursprung, Natur und Funktion aller erblickten materiellen Kreaturen mit Namen angeben. Diejenigen, die ihn auf dieser Inspektionstour führten, wussten nicht, dass der neue Herrscher der Welt einer der kundigsten Anatome ganz Satanias war; und Eva war ebenso versiert. Adam versetzte seine Mitarbeiter durch die Beschreibung einer Menge von Lebewesen in Erstaunen, die zu klein sind, um von menschlichem Auge wahrgenommen zu werden.
(831.6) 74:3.9 Als der sechste Tag ihres irdischen Aufenthaltes vorüber war, ruhten sich Adam und Eva zum ersten Mal in ihrem neuen Heim „im Osten von Eden“ aus. Die ersten sechs Tage ihres Urantia-Abenteuers waren sehr betriebsam gewesen, und mit großer Freude blickten sie einem ganzen Tag der Freiheit von jeglicher Aktivität entgegen.
(831.7) 74:3.10 Aber die Umstände wollten es anders. Die Erfahrung des soeben verflossenen Tages, während dessen Adam so intelligent und erschöpfend über das Tierleben gesprochen hatte, in Verbindung mit seiner meisterhaften Eröffnungsrede und seiner bezaubernden Art hatte die Herzen der Gartenbewohner so sehr gewonnen und ihr Denken derart überwältigt, dass sie nicht nur von ganzem Herzen gewillt waren, die frisch aus Jerusem angekommenen Sohn und Tochter als Herrscher zu akzeptieren, sondern mehrheitlich ziemlich bereit waren, vor ihnen zu Boden zu fallen und sie als Götter zu verehren.
(832.1) 74:4.1 In dieser auf den sechsten Tag folgenden Nacht und während Adam und Eva schliefen, spielten sich in der Nachbarschaft des Tempels des Vaters im zentralen Sektor Edens seltsame Dinge ab. Dort lauschten unter dem milden Mondlicht Hunderte von enthusiastischen und erregten Männern und Frauen stundenlang den leidenschaftlichen Appellen ihrer Führer. Sie meinten es gut, aber sie konnten ganz einfach die Schlichtheit der brüderlichen und demokratischen Art ihrer neuen Herrscher nicht verstehen. Und lange vor Tagesanbruch kamen die neuen, vorläufigen Verwalter praktisch einstimmig zu dem Schluss, dass Adam und seine Gattin viel zu bescheiden und zurückhaltend seien. Sie entschieden, dass die Göttlichkeit in körperlicher Gestalt zur Erde herabgestiegen sei und Adam und Eva in Wahrheit Götter oder wenigstens dem göttlichen Zustand so nahe seien, dass sie Verehrung und Anbetung verdienten.
(832.2) 74:4.2 Die erstaunlichen Ereignisse der ersten sechs Tage Adams und Evas auf Erden waren für die unvorbereiteten Gemüter auch der Besten der Welt zu viel gewesen; ihre Köpfe wurden von einem Wirbel erfasst; sie ließen sich von ihrem Plan fortreißen, das edle Paar zur Mittagsstunde zum Tempel des Vaters zu führen, damit jedermann sich in respektvoller Verehrung vor ihm verneigen und ihm in demütiger Unterwürfigkeit zu Füßen fallen möge. In all dem waren die Bewohner des Gartens wirklich aufrichtig.
(832.3) 74:4.3 Van protestierte. Amadon war abwesend, weil er die Ehrengarde befehligte, die über Nacht bei Adam und Eva zurückgelassen worden war. Aber Vans Protest wurde beiseite gefegt. Man sagte ihm, auch er sei zu bescheiden und zurückhaltend, auch er sei nicht weit davon entfernt, ein Gott zu sein; denn wie hätte er sonst so lange auf Erden leben und ein so großes Ereignis wie die Ankunft Adams herbeiführen können? Und als die erregten Edeniten sich anschickten, ihn zu fassen und auf den Berg der Anbetung hinaufzuführen, bahnte sich Van einen Weg durch die Menge, und da er imstande war, mit den Mittlern zu kommunizieren, sandte er deren Oberhaupt eilends zu Adam.
(832.4) 74:4.4 Der Morgen ihres siebenten Tages auf Erden dämmerte herauf, als Adam und Eva die haarsträubende Nachricht vom Vorhaben dieser gutmeinenden, aber irregeleiteten Sterblichen erhielten; und während die Passagiervögel eilends herbeiflogen, um Adam und Eva zum Tempel zu bringen, transportierten die Mittler, die fähig sind, solche Dinge zu tun, sie schon in den Tempel des Vaters. Es war am frühen Morgen dieses siebenten Tages, dass Adam von der Anhöhe ihres kürzlichen Empfangs herab Erklärungen über die Ordnungen göttlicher Söhne abgab und diesen irdischen Gemütern klar darlegte, dass nur der Vater und die von ihm Bestimmten angebetet werden könnten. Adam machte deutlich, dass er jede Ehrung annehmen und jede Respektsbezeugung akzeptieren werde, aber Anbetung — nie!
(832.5) 74:4.5 Das war ein denkwürdiger Tag, und kurz vor Mittag, etwa zu der Zeit der Ankunft des seraphischen Sendboten, der aus Jerusem die Bestätigung der Einsetzung der Weltherrscher brachte, entfernten sich Adam und Eva ein wenig von der Menge, wiesen auf den Tempel des Vaters und sagten: „Geht jetzt zu dem materiellen Zeichen der unsichtbaren Gegenwart des Vaters und neigt euch in Anbetung vor Ihm, der uns alle erschaffen hat und am Leben hält. Und lasst diese Handlung zur aufrichtigen Gewähr dafür werden, dass ihr euch nie wieder versuchen lasst, irgendjemand anders als Gott anzubeten.“ Sie taten alle, wie Adam sie hieß. Der Materielle Sohn und die Materielle Tochter standen mit geneigten Häuptern allein auf dem Hügel, während die Menschen sich um den Tempel herum zu Boden warfen.
(832.6) 74:4.6 Und das war der Ursprung der Tradition des Sabbattages. Fortan war in Eden der siebente Tag immer der Mittagsversammlung im Tempel vorbehalten; lange Zeit blieb es Brauch, diesen Tag der persönlichen Kultur zu weihen. Der Vormittag gehörte der physischen Vervollkommnung, die Mittagszeit geistiger Andacht, der Nachmittag intellektueller Kultur, während der Abend mit geselligen Vergnügungen verbracht wurde. Das war in Eden nie Gesetz, aber man hielt sich an diese Sitte, solange die adamische Verwaltung auf Erden dauerte.
(833.1) 74:5.1 Nach Adams Ankunft blieben die Melchisedek-Treuhänder noch fast sieben Jahre lang im Amt, aber schließlich kam die Zeit, da sie die Verwaltung der Weltangelegenheiten in Adams Hände legten und nach Jerusem zurückkehrten.
(833.2) 74:5.2 Das Abschiednehmen von den Treuhändern nahm den ganzen Tag in Anspruch, und im Verlaufe des Abends gab jeder einzelne Melchisedek Adam und Eva zum Abschied seine Ratschläge und besten Wünsche mit. Adam hatte seine Berater mehrere Male darum gebeten, bei ihm auf der Erde zu bleiben, aber diese Bitten wurden stets abschlägig beschieden. Die Zeit war gekommen, da ein Materieller Sohn die volle Verantwortung für die Weltangelegenheiten übernehmen muss. Und so verließen um Mitternacht die seraphischen Transporte Satanias mit vierzehn Wesen an Bord den Planeten in Richtung Jerusem, denn die Überführung Vans und Amadons fiel mit der Abreise der zwölf Melchisedeks zusammen.
(833.3) 74:5.3 Auf Urantia ließ sich eine Zeitlang alles recht gut an, und es schien, dass Adam schließlich fähig sein würde, einen Plan zur allmählichen Ausbreitung der edenischen Zivilisation zu entwickeln. Dem Rat der Melchisedeks folgend, begann er, die handwerklichen Berufe mit der Idee zu fördern, die Handelsbeziehungen zur Außenwelt zu entwickeln. Als Eden zusammenbrach, wurde in über hundert primitiven Fabrikationsbetrieben gearbeitet, und zu den benachbarten Stämmen waren ausgedehnte Handelsbeziehungen geknüpft worden.
(833.4) 74:5.4 Während ganzer Zeitalter waren Adam und Eva in den Methoden ausgebildet worden, deren Bestimmung es ist, eine Welt für die besonderen Beiträge der Materiellen Söhne zum Fortschritt der evolutionären Zivilisation bereit zu machen; aber nun sahen sie sich dringenden Problemen gegenüber, wie z. B. der Errichtung von Gesetz und Ordnung in einer Welt von Wilden, Barbaren und halbzivilisierten menschlichen Wesen. Abgesehen von der im Garten versammelten Elite der Erdbevölkerung waren nur da und dort einige wenige Gruppen überhaupt zur Aufnahme der adamischen Kultur bereit.
(833.5) 74:5.5 Adam unternahm eine heroische und entschiedene Anstrengung zur Bildung einer Weltregierung, aber auf Schritt und Tritt begegnete er hartnäckigem Widerstand. Adam hatte in ganz Eden bereits ein System der Gruppenorganisation zum Funktionieren gebracht und all diese Gruppen im Edenischen Bund zusammengefasst. Aber Schwierigkeiten, ernsthafte Schwierigkeiten traten ein, als er über den Garten hinaus versuchte, dieselben Ideen bei den außerhalb liegenden Stämmen umzusetzen. In dem Augenblick, da Adams Mitarbeiter außerhalb des Gartens zu wirken begannen, stießen sie auf den direkten und wohlgeplanten Widerstand Caligastias und Daligastias. Der gefallene Fürst war wohl als Weltherrscher abgesetzt, nicht aber vom Planeten entfernt worden. Er war immer noch auf der Erde anwesend und fähig, sich wenigstens bis zu einem gewissen Grade allen Plänen Adams zur Wiederaufrichtung der menschlichen Gesellschaft zu widersetzen. Adam versuchte, die Rassen vor Caligastia zu warnen, aber die Aufgabe wurde ihm dadurch sehr erschwert, dass sein Erzfeind für sterbliche Augen unsichtbar war.
(833.6) 74:5.6 Selbst unter den Edeniten gab es so verwirrte Gemüter, die Caligastias Lehre von ungezügelter persönlicher Freiheit zuneigten; und sie bereiteten Adam Schwierigkeiten ohne Ende; immer wieder brachten sie die besterdachten Pläne für geordneten Fortschritt und wesentliche Entwicklung zum Scheitern. Er sah sich schließlich gezwungen, sein Programm zur sofortigen Sozialisierung zurückzuziehen; er griff auf Vans Organisationsmethode zurück und teilte die Edeniten in Hunderterkompanien ein, jede mit einem Hauptmann und mit Leutnants, die für Zehnergruppen verantwortlich waren.
(834.1) 74:5.7 Adam und Eva waren gekommen, um anstelle der monarchischen eine repräsentative Regierung einzusetzen, aber sie fanden auf der ganzen Erde keine Regierung, die dieses Namens würdig gewesen wäre. Fürs Erste ließ Adam alle Bemühungen zur Schaffung einer repräsentativen Regierung fallen, und noch vor dem Zusammenbruch der edenischen Ordnung war es ihm gelungen, fast hundert äußere geschäftliche und soziale Zentren einzurichten, wo starke Persönlichkeiten in seinem Namen regierten. Die meisten dieser Zentren waren schon früher durch Van und Amadon organisiert worden.
(834.2) 74:5.8 Das Entsenden von Botschaftern von einem Stamm zum anderen stammt aus der Zeit Adams. Das war in der Entwicklung der Regierung ein großer Schritt vorwärts.
(834.3) 74:6.1 Das Anwesen der adamischen Familie umfasste etwa 1 300 Hektaren. Unmittelbar um dieses zentrale Grundstück herum hatte man Platz für die Aufnahme von mehr als dreihunderttausend reinblütigen Nachkommen vorgesehen. Aber nur die erste Einheit der geplanten Gebäude wurde je errichtet. Bevor die Größe der adamischen Familie über diesen ersten Vorrat an Wohnungen hinauswuchs, war der ganze edenische Plan zunichte gemacht und der Garten verlassen worden.
(834.4) 74:6.2 Adamson war der Erstgeborene der violetten Rasse Urantias. Ihm folgten seine Schwester und Evason, der zweite Sohn Adams und Evas. Eva war Mutter von fünf Kindern — drei Söhnen und zwei Töchtern — als die Melchisedeks abreisten. Die nächsten beiden waren Zwillinge. Vor der Verfehlung gebar sie dreiundsechzig Kinder, zweiunddreißig Töchter und einunddreißig Söhne. Als Adam und Eva den Garten verließen, bestand ihre Familie aus vier Generationen und zählte 1647 reinlinige Nachkommen. Nach Verlassen des Gartens hatten sie miteinander noch zweiundvierzig Kinder neben den beiden Sprösslingen, die aus gemeinsamer Elternschaft mit der sterblichen Erdenrasse hervorgegangen waren. Und darin sind die Nachkommen aus den Verbindungen Adams mit der noditischen und den evolutionären Rassen nicht inbegriffen.
(834.5) 74:6.3 Wenn die adamischen Kinder im Alter von einem Jahr aufhörten, die Mutterbrust zu nehmen, tranken sie keine Milch von Tieren. Eva standen die Milch einer großen Vielfalt von Nüssen und der Saft vieler Früchte zur Verfügung, und da sie Chemie und Energie dieser Nahrungsmittel bestens kannte, kombinierte sie sie in passender Weise für die Ernährung ihrer Kinder bis zum Erscheinen der Zähne.
(834.6) 74:6.4 Während außerhalb des unmittelbaren adamischen Sektors von Eden ganz allgemein gekocht wurde, gab es in Adams Haushalt nichts Gekochtes. Die Mitglieder seiner Familie fanden ihre Speisen — Früchte, Nüsse und Getreide — sobald sie reif waren, schon fertig vor. Sie aßen nur einmal am Tag, kurz nach Mittag. Dank der Wirkung des Baumes des Lebens bezogen Adam und Eva „Licht und Energie“ auch direkt aus gewissen Raumemanationen.
(834.7) 74:6.5 Von den Körpern Adams und Evas ging ein schimmerndes Licht aus, aber sie passten sich in ihrer Kleidung stets den Gewohnheiten ihrer Mitarbeiter an. Obwohl sie tagsüber nur sehr wenig bekleidet waren, zogen sie zur Abendzeit Nachtgewänder an. Der Ursprung des traditionellen Scheins, der sich als Ring um die Häupter angeblich frommer und heiliger Menschen legt, geht auf die Tage Adams und Evas zurück. Da die Lichtemanationen ihrer Körper durch die Kleidung weitgehend verborgen wurden, war nur das strahlende Schimmern ihrer Köpfe wahrnehmbar. Die Nachkommen Adamsons drückten ihre Vorstellung von Einzelwesen, denen eine außergewöhnliche geistige Entwicklung nachgesagt wurde, stets in dieser Weise aus.
(834.8) 74:6.6 Adam und Eva konnten untereinander und mit ihren Kindern der ersten Generation über eine Entfernung von etwa achtzig Kilometern kommunizieren. Dieser Gedankenaustausch erfolgte mit Hilfe von delikaten Gaskammern, die sich eng an ihre Hirnstrukturen anschlossen. Durch diesen Mechanismus konnten sie Gedankenschwingungen senden und empfangen. Aber diese Fähigkeit wurde augenblicklich aufgehoben, als sich ihr Verstand der Disharmonie und dem zerstörerischen Einfluss des Üblen ergab.
(835.1) 74:6.7 Die adamischen Kinder besuchten ihre eigenen Schulen, bis sie sechzehn waren, wobei die jüngeren durch die älteren unterrichtet wurden. Die Kleinen gingen alle dreißig Minuten zu einer neuen Beschäftigung über, die Älteren jede Stunde. Und es war ein für Urantia wirklich neuer Anblick, wie sich Adams und Evas Kinder dem Spiel, freudiger und erfrischender Tätigkeit, rein um des Spaßes willen hingaben. Spiel und Humor der heutigen Rassen sind weitgehend ein adamisches Erbe. Die Adamiten hatten alle große Liebe zur Musik und einen ausgesprochenen Sinn für Humor.
(835.2) 74:6.8 Das durchschnittliche Verlobungsalter war achtzehn, und danach traten die Jugendlichen einen zweijährigen Ausbildungsgang an, der sie auf die Übernahme ehelicher Verantwortung vorbereitete. Mit zwanzig waren sie heiratsfähig; und nach der Heirat begannen sie mit ihrem Lebenswerk oder mit einer besonderen Vorbereitung darauf.
(835.3) 74:6.9 Die Sitte einiger späterer Nationen, den angeblich von den Göttern herabgestiegenen königlichen Familien zu erlauben, Brüder mit Schwestern zu verheiraten, rührt von den Traditionen der adamischen Nachkommen her — die wohl oder übel unter sich heiraten mussten. Die Heiratszeremonien der ersten und zweiten Generation des Gartens wurden immer von Adam und Eva geleitet.
(835.4) 74:7.1 Die Kinder Adams lebten und arbeiteten, wenn man von vier an den westlichen Schulen verbrachten Jahren absieht, im „Osten von Eden“. Bis sechzehn erfolgte ihre intellektuelle Bildung nach den Methoden der Schulen Jerusems. Von sechzehn bis zwanzig wurden sie an den Urantia-Schulen am anderen Ende des Gartens unterrichtet, wo sie in den unteren Klassen auch als Lehrer dienten.
(835.5) 74:7.2 Das westliche Schulsystem des Gartens zielte ganz auf Sozialisierung. Die vormittäglichen Arbeitsunterbrechungen wurden praktischem Gartenbau, die nachmittäglichen Wettspielen gewidmet. Die Abende dienten geselligem Austausch und der Kultivierung persönlicher Freundschaft. Religiöse und sexuelle Unterweisung wurden als Domäne des Heims, als Elternpflicht betrachtet.
(835.6) 74:7.3 Der Unterricht in diesen Schulen umfasste Unterweisung auf folgenden Gebieten:
(835.7) 74:7.4 1. Gesundheit und Körperpflege.
(835.8) 74:7.5 2. Die goldene Regel, Richtlinie für das gesellschaftliche Miteinander.
(835.9) 74:7.6 3. Beziehung der individuellen Rechte zu den Gruppenrechten und zu den Verpflichtungen gegenüber der Gemeinschaft.
(835.10) 74:7.7 4. Geschichte und Kultur der verschiedenen Erdenrassen.
(835.11) 74:7.8 5. Methoden zur Förderung und Verbesserung des Welthandels.
(835.12) 74:7.9 6. Koordinierung in Konflikten zwischen Pflichten und Gefühlen.
(835.13) 74:7.10 7. Pflege von Spiel, Humor und Wettspielen als Ersatz für physischen Kampf.
(835.14) 74:7.11 Die Schulen, wie auch alle übrigen Aktivitäten des Gartens, standen Besuchern offen. Unbewaffnete Beobachter waren in Eden für kurze Besuche ohne weiteres zugelassen. Für längere Aufenthalte im Garten musste ein Urantianer „adoptiert“ werden. Er wurde über Plan und Ziel der adamischen Mission unterrichtet, bekundete dann seine Bereitschaft, sich dieser Sendung anzuschließen und gab hierauf eine Treueerklärung gegenüber der sozialen Herrschaft Adams und der geistigen Souveränität des Universalen Vaters ab.
(836.1) 74:7.12 Die Gesetze des Gartens stützten sich auf die älteren Regeln Dalamatias und wurden unter sieben Rubriken erlassen:
(836.2) 74:7.13 1. Die Gesundheits- und Hygienegesetze.
(836.3) 74:7.14 2. Die gesellschaftlichen Regeln des Gartens.
(836.4) 74:7.15 3. Die Richtlinien für Gewerbe und Handel.
(836.5) 74:7.16 4. Die Gesetze der Fairness und des Wettbewerbs.
(836.6) 74:7.17 5. Die Gesetze des Familienlebens.
(836.7) 74:7.18 6. Die zivilen Anwendungen der goldenen Regel.
(836.8) 74:7.19 7. Die sieben Gebote höchsten sittlichen Verhaltens.
(836.9) 74:7.20 Das sittliche Gesetz Edens unterschied sich nur geringfügig von den sieben Geboten Dalamatias. Aber die Adamiten lehrten viele zusätzliche Gründe für diese Gebote; z. B. im Zusammenhang mit der Aufforderung, nicht zu töten, erklärten sie den innewohnenden Gedankenjustierer als zusätzlichen Grund zur Verschonung menschlichen Lebens. Sie lehrten, dass „wer immer Menschenblut durch Menschenhand vergießt, dessen Blut soll ebenfalls vergossen werden, denn Gott hat den Menschen nach seinem Bilde gemacht“.
(836.10) 74:7.21 Die offizielle Andachtszeit Edens war der Mittag; der Sonnenuntergang war die Zeit der Familienandacht. Adam tat sein Möglichstes, um vom Gebrauch feststehender Gebete wegzukommen, indem er lehrte, dass wirksames Beten gänzlich individuell sein müsse, dass es dem „Wunsch der Seele“ entspringen müsse; aber die Edeniten fuhren fort, die aus der Zeit Dalamatias überlieferten Gebete und Formen zu benutzen. Adam bemühte sich auch, in den religiösen Zeremonien die Blutopfer durch das Darbringen von Früchten der Erde zu ersetzen, kam aber bis zum Untergang des Gartens damit kaum voran.
(836.11) 74:7.22 Adam gab sich große Mühe, die Rassen die Gleichheit der Geschlechter zu lehren. Die Art, wie Eva an der Seite ihres Gemahls arbeitete, machte auf alle Gartenbewohner einen tiefen Eindruck. Adam lehrte sie sehr bestimmt, dass die Frau genauso wie der Mann die Lebensfaktoren beisteuert, welche sich vereinigen, um ein neues Wesen zu bilden. Zuvor hatten die Menschen angenommen, dass alle Zeugung ihren Sitz in den „Lenden des Vaters“ habe. Sie hatten die Mutter als etwas betrachtet, das nur dem Austragen des Ungeborenen und dem Stillen des Neugeborenen diente.
(836.12) 74:7.23 Adam lehrte seine Zeitgenossen alles, was sie verstehen konnten, aber das war, um in Vergleichen zu sprechen, nicht sehr viel. Trotzdem blickten die intelligenteren Rassen der Erde mit großer Ungeduld der Zeit entgegen, wenn ihnen erlaubt würde, sich mit den höheren Kindern der violetten Rasse zu vermählen. Und was für eine ganz andere Welt wäre Urantia geworden, wenn dieser großartige Plan zur Veredelung der Rassen durchgeführt worden wäre! Aber auch so brachte den evolutionären Völkern das wenige Blut, das sie von dieser importierten Rasse beiläufig empfingen, einen ungeheuren Gewinn.
(836.13) 74:7.24 Und so arbeitete Adam für das Wohl und die Besserung der Welt seines Aufenthaltes. Aber es war ein schwieriges Unterfangen, diese Mischlinge auf den besseren Weg zu führen.
(836.14) 74:8.1 Die Geschichte der Erschaffung Urantias in sechs Tagen gründete auf der Überlieferung, dass Adam und Eva für ihre erste Besichtigung des Gartens gerade sechs Tage gebraucht hatten. Dieser Umstand gab der Zeitspanne einer Woche, die ursprünglich von den Dalamatianern eingeführt worden war, eine fast heilige Bekräftigung. Dass Adam sechs Tage damit verbrachte, den Garten in Augenschein zu nehmen und erste Organisationspläne zu formulieren, war nicht vorgesehen gewesen; es hatte sich von Tag zu Tag so ergeben. Die Wahl des siebenten Tages für die Anbetung beruhte einzig auf den hier erzählten Umständen.
(837.1) 74:8.2 Die Legende von der Erschaffung der Welt in sechs Tagen war in Wirklichkeit ein nachträglicher, über dreißigtausend Jahre jüngerer Einfall. Eine Einzelheit der Erzählung, nämlich das plötzliche Erscheinen von Sonne und Mond, mag ihren Ursprung in dem von der Tradition berichteten einstigen plötzlichen Hervorgehen der Welt aus einer dichten, aus winziger Materie bestehenden Raumwolke haben, die lange Zeit Sonne und Mond verdunkelt hatte.
(837.2) 74:8.3 Die Geschichte von der Erschaffung Evas aus einer Rippe Adams ist ein wirres, verdichtetes Amalgam aus der adamischen Ankunft und der mit der Auswechslung lebendiger Substanzen verbundenen himmlischen Chirurgie beim Kommen des körperlichen Stabs des Planetarischen Fürsten mehr als vierhundertfünfzigtausend Jahre zuvor.
(837.3) 74:8.4 Die Völker der Welt sind in ihrer Mehrzahl durch die Überlieferung beeinflusst worden, dass für Adam und Eva bei ihrer Ankunft auf Urantia physische Formen geschaffen wurden. Der Glaube, dass der Mensch aus Lehm erschaffen wurde, war in der östlichen Hemisphäre nahezu universell; diese Tradition kann man um die ganze Welt von den Inseln der Philippinen bis nach Afrika verfolgen. Und viele Gruppen akzeptierten diese Geschichte vom Entstehen des Menschen aus Lehm durch irgendeine besondere Schöpfungsart anstelle ihres früheren Glaubens an eine allmähliche Schöpfung — Evolution.
(837.4) 74:8.5 Fern vom Einfluss Dalamatias und Edens neigten die Menschen zum Glauben an den schrittweisen Aufstieg der menschlichen Rasse. Die Tatsache der Evolution ist keine moderne Entdeckung; die Alten begriffen den langsamen, evolutionären Charakter des menschlichen Fortschritts sehr wohl. Die frühen Griechen hatten darüber trotz ihrer Nähe zu Mesopotamien klare Vorstellungen. Obwohl die verschiedenen Rassen der Erde in ihren Evolutionsvorstellungen in betrübliche Verwirrung gerieten, so glaubten und lehrten doch viele primitive Stämme, sie seien die Abkömmlinge verschiedener Tiere. Primitive Völker hatten die Angewohnheit, für ihre „Totems“ ihr vermutetes Ahnentier zu wählen. Gewisse nordamerikanische Indianerstämme glaubten, Biber und Präriewölfe zu Ahnen zu haben. Bestimmte afrikanische Stämme lehren, dass sie von der Hyäne abstammen, ein Malaienstamm leitet sich vom Lemur und eine Gruppe auf Neu-Guinea vom Papagei ab.
(837.5) 74:8.6 Aufgrund ihres unmittelbaren Kontaktes mit den Resten der Zivilisation der Adamiten erweiterten die Babylonier die Geschichte von der Erschaffung des Menschen und schmückten sie aus; sie lehrten, dass er direkt von den Göttern herabgestiegen sei. Sie hielten an einem aristokratischen Ursprung der Rasse fest, der sich nicht einmal mit der Lehre von der Erschaffung aus Lehm vertrug.
(837.6) 74:8.7 Die Schöpfungsgeschichte des Alten Testamentes datiert aus einer lange nach Moses liegenden Zeit; nie lehrte dieser die Hebräer eine derart entstellte Geschichte. Aber tatsächlich bot er den Israeliten eine einfache und gedrängte Darstellung der Schöpfung in der Hoffnung, dadurch seinen Appell zur Verehrung des Schöpfers zu verstärken, des Universalen Vaters, den er den Herrn Gott Israels nannte.
(837.7) 74:8.8 In seinen frühen Lehren machte Moses aus weiser Überlegung keinen Versuch, vor Adams Zeit zurückzugehen, und da Moses der höchste Lehrer der Hebräer war, wurden die Geschichten über Adam in enge Verbindung mit jenen über die Schöpfung gebracht. Dass die früheren Überlieferungen eine voradamische Zivilisation anerkannten, zeigt klar die Tatsache, dass spätere Herausgeber, die beabsichtigten, alles auszulöschen, was sich auf menschliche Angelegenheiten vor Adams Zeiten bezog, es unterließen, den verräterischen Hinweis auf Kains Auswanderung in das „Land Nods“, wo er sich eine Frau nahm, zu entfernen.
(838.1) 74:8.9 Die Hebräer besaßen noch lange, nachdem sie in Palästina angekommen waren, keine allgemein benutzte geschriebene Sprache. Sie lernten den Gebrauch eines Alphabets von den benachbarten Philistern, die als politische Flüchtlinge aus der höher entwickelten Zivilisation Kretas gekommen waren. Die Hebräer schrieben bis um 900 v. Chr. nur wenig, und da sie bis zu einem so späten Zeitpunkt keine geschriebene Sprache hatten, zirkulierten unter ihnen verschiedene Schöpfungsgeschichten. Aber nach der babylonischen Gefangenschaft waren sie eher geneigt, eine abgeänderte mesopotamische Version anzunehmen.
(838.2) 74:8.10 Die jüdische Tradition kristallisierte sich um Moses, und weil er sich bemüht hatte, den Stammbaum Abrahams bis zu Adam zurückzuführen, nahmen die Juden an, Adam sei der erste aller Menschen gewesen. Jahwe war der Schöpfer, und da man in Adam den ersten Menschen erblickte, musste Jahwe die Welt gleich vor Adam erschaffen haben. Und dann wurde die Überlieferung der sechs Tage Adams in die Geschichte eingewoben mit dem Endergebnis, dass fast tausend Jahre nach Mose Aufenthalt auf Erden die überlieferte Sechs-Tage-Schöpfung verfasst und später ihm zugeschrieben wurde.
(838.3) 74:8.11 Als die jüdischen Priester nach Jerusalem zurückkehrten, hatten sie ihre Darstellung vom Anfang aller Dinge bereits fertig niedergeschrieben. Bald stellten sie die Behauptung auf, dass diese Erzählung eine neulich aufgefundene, von Moses geschriebene Schöpfungsgeschichte sei. Aber die zeitgenössischen Hebräer um 500 v. Chr. sahen in diesen Schriften keine göttlichen Offenbarungen. Sie betrachteten sie etwa so, wie spätere Völker ihre mythologischen Erzählungen betrachten.
(838.4) 74:8.12 Auf dieses unechte Dokument, das angeblich die Lehren Mose wiedergab, wurde Ptolemäus, der griechische König Ägyptens, aufmerksam gemacht, und er ließ es durch eine Kommission von siebzig Gelehrten für seine neue Bibliothek in Alexandrien ins Griechische übersetzen. Und so fand diese Darstellung ihren Platz unter jenen Schriften, die in der Folge einen Teil der späteren Sammlungen der „heiligen Schriften“ der hebräischen und der christlichen Religion bildeten. Und über die Identifikation vieler abendländischer Völker mit diesen theologischen Systemen hatten solche Konzepte auf ihre Philosophie lange Zeit einen tiefgreifenden Einfluss.
(838.5) 74:8.13 Die christlichen Lehrer hielten am Glauben an eine auf Befehl erschaffene menschliche Rasse fest, und all das führte direkt zur Entstehung der Hypothese von einem ehemaligen goldenen Zeitalter utopischer Glückseligkeit und der Theorie vom Fall des Menschen oder Übermenschen, der für den nichtutopischen Zustand der Gesellschaft verantwortlich war. Diese Sicht des Lebens und der Stellung des Menschen im Universum war zumindest entmutigend, da sie auf einem Rückschritts- statt Fortschrittsglauben fußte und eine rachsüchtige Gottheit einschloss, die an der menschlichen Rasse als Vergeltung für die Irrtümer bestimmter einstiger planetarischer Verwalter ihren Zorn ausließ.
(838.6) 74:8.14 Das „goldene Zeitalter“ ist ein Mythos, aber Eden war eine Tatsache, und die Zivilisation des Gartens wurde wirklich vernichtet. Adam und Eva verfolgten ihr Werk im Garten hundertsiebzehn Jahre lang, als sie sich wegen Evas Ungeduld und Adams Fehleinschätzung anmaßten, vom vorgeschriebenen Weg abzuweichen, was über sie selber rasch Unheil brachte und für ganz Urantia eine ruinöse Verzögerung von Entwicklung und Fortschritt zur Folge hatte.
(838.7) 74:8.15 [Erzählt von Solonia, der seraphischen „Stimme im Garten“.]