(672.1) 59:0.1 UNSERER Meinung nach beginnt die Geschichte Urantias etwa vor einer Milliarde Jahren und erstreckt sich über fünf größere Zeitabschnitte:
(672.2) 59:0.2 1. Die dem Leben vorausgehende Ära erstreckt sich über die ersten vierhundertfünfzig Millionen Jahre, ungefähr von dem Zeitpunkt an, da der Planet seine heutige Größe erreicht hatte, bis zu dem Zeitpunkt der Einführung des Lebens. Eure Gelehrten haben diesen Zeitraum als Archäozoikum bezeichnet.
(672.3) 59:0.3 2. Die Ära des erwachenden Lebens dehnt sich über die nächsten hundertfünfzig Millionen Jahre aus. Diese Epoche schaltet sich zwischen das davorliegende, dem Leben vorausgehende oder Kataklysmen-Zeitalter und die darauf folgende Periode höher entwickelten marinen Lebens. Eure Forscher kennen diese Ära als Proterozoikum.
(672.4) 59:0.4 3. Die Ära des marinen Lebens nimmt die nächsten zweihundertfünfzig Millionen Jahre ein und ist euch wohlbekannt als das Paläozoikum.
(672.5) 59:0.5 4. Die Ära des frühen Landlebens erstreckt sich über die nächsten hundert Millionen Jahre und wird Mesozoikum genannt.
(672.6) 59:0.6 5. Die Ära der Säugetiere umfasst die letzten fünfzig Millionen Jahre. Diese Ära der jungen Vergangenheit nennt man Känozoikum.
(672.7) 59:0.7 Die Ära des marinen Lebens macht also etwa ein Viertel eurer planetarischen Geschichte aus. Man kann sie in sechs lange Perioden unterteilen, von denen jede durch bestimmte wohldefinierte Entwicklungen sowohl im geologischen als auch im biologischen Bereich charakterisiert wird.
(672.8) 59:0.8 Zu Beginn dieser Ära sind die Meeresböden, die ausgedehnten Festlandsockel und die zahlreichen seichten, küstennahen Becken von üppiger Vegetation bedeckt. Die einfacheren und primitiveren Formen tierischen Lebens haben sich bereits aus den ihnen vorangegangenen pflanzlichen Organismen entwickelt, und die frühen tierischen Organismen sind allmählich entlang den sich weit hinziehenden Küstenlinien der verschiedenen Landmassen vorgedrungen, bis es in den vielen Binnenmeeren von ursprünglichem marinem Leben nur so wimmelt. Da nur so wenige dieser frühen Organismen Schalen besaßen, sind nicht viele davon als Versteinerungen erhalten geblieben. Trotzdem sind die Voraussetzungen für die Niederschrift der Eingangskapitel jenes großen „steinernen Buches“ geschaffen, in welchem die Chronik des Lebens aufbewahrt wird, die während der aufeinander folgenden Zeitalter so methodisch aufgezeichnet wurde.
(672.9) 59:0.9 Der nordamerikanische Kontinent ist wunderbar reich an fossilhaltigen Ablagerungen aus der gesamten Ära marinen Lebens. Die allerersten, ältesten Schichten sind von den letzten Lagen der vorangehenden Periode durch umfangreiche Erosionsablagerungen getrennt, die diese beiden Stadien planetarischer Entwicklung klar voneinander trennen.
(673.1) 59:1.1 Zu Beginn dieser Periode relativer Ruhe an der Erdoberfläche bleibt das Leben auf die verschiedenen Binnenmeere und die ozeanische Küstenlinie beschränkt; bis jetzt hat sich keine Art von Landorganismus entwickelt. Die primitiven Meerestiere sind überall reichlich vorhanden und für die nächste evolutionäre Entwicklung bereit. Die Amöben, die gegen Ende der vorangegangenen Übergangsperiode aufgetreten sind, sind typische Überlebende dieses Anfangsstadiums des tierischen Lebens.
(673.2) 59:1.2 Vor 400 000 000 Jahren ist sowohl das pflanzliche als auch das tierische marine Leben recht gut über die ganze Welt verteilt. Das Klima der Welt wird leicht wärmer und ausgeglichener. Ganz allgemein sind die Meeresküsten der verschiedenen Kontinente, insbesondere Nord- und Südamerikas, überschwemmt. Neue Ozeane erscheinen, und die älteren Wassermassen vergrößern sich wesentlich.
(673.3) 59:1.3 Zum ersten Mal kriecht die Vegetation auf das Festland und macht bald beträchtliche Fortschritte bei der Anpassung an die nichtmarine Umwelt.
(673.4) 59:1.4 Plötzlich, ohne stufenweise Ahnenreihe, treten die ersten vielzelligen Tiere auf. Die Evolution hat die Trilobiten hervorgebracht, und während ganzer Zeitalter werden sie die Meere beherrschen. Aus dem Blickwinkel des marinen Lebens handelt es sich um das Zeitalter der Trilobiten.
(673.5) 59:1.5 Im späteren Verlauf dieses Zeitsegmentes tauchte ein Großteil Amerikas und Europas aus dem Meer auf. Die Erdkruste stabilisierte sich vorübergehend; Berge, oder eher Hochländer, erhoben sich längs der atlantischen und pazifischen Küsten, in Westindien und Südeuropa. Die ganze karibische Region ragte sehr hoch auf.
(673.6) 59:1.6 Vor 390 000 000 Jahren war das Festland immer noch stark erhöht. Man kann die während dieser Zeit abgelagerten Gesteinsschichten über Teile von Ost- und Westamerika und Westeuropa verstreut finden. Es sind die ältesten Felsen, die Versteinerungen von Trilobiten enthalten. Es gab damals viele fingerförmige Buchten, die in die Landmassen eindrangen und in denen dieses fossilhaltige Gestein abgelagert wurde.
(673.7) 59:1.7 Im Zeitraum von ein paar Millionen Jahren begann der Pazifische Ozean, in die amerikanischen Kontinente einzudringen. Das Absinken des Festlandes wurde vor allem durch Anpassungen der Erdkruste verursacht, obgleich die laterale Landwanderung oder Kontinentalverschiebung dabei auch mitspielte.
(673.8) 59:1.8 Vor 380 000 000 Jahren sank Asien ab, während alle anderen Kontinente eine kurzfristige Hebung erfuhren. Aber mit dem Fortschritt dieser Epoche fraß sich der neu auftretende Atlantische Ozean all seinen Küsten entlang tief in das Landesinnere ein. Die nordatlantischen oder arktischen Meere vereinigten sich damals mit den südlichen Golfwassern. Als sich dieses südliche Meer in die appalachische Senke ergoss, brachen sich seine Wellen im Osten an Bergen, die so hoch waren wie die Alpen, aber im Allgemeinen bestanden die Kontinente aus uninteressantem Tiefland, das jeglichen landschaftlichen Reiz vermissen ließ.
(673.9) 59:1.9 Es gibt viererlei aus diesen Zeitaltern herrührendes Sedimentgestein:
(673.10) 59:1.10 1. Konglomerate — in Küstennähe abgelagertes Material.
(673.11) 59:1.11 2. Sandsteine — Ablagerungen in untiefen Wassern, deren Wellenbewegungen indessen ausreichten, um das Absetzen von Schlamm zu verhindern.
(673.12) 59:1.12 3. Schiefertone — Ablagerungen in tieferen und ruhigeren Wassern.
(673.13) 59:1.13 4. Kalkstein — er enthält Ablagerungen von Trilobitenschalen in tiefem Wasser.
(673.14) 59:1.14 Die fossilen Trilobiten dieser Zeiten zeigen gewisse grundlegende Übereinstimmungen neben gewissen augenfälligen Abweichungen. Die frühen Tierorganismen trugen den Stempel der drei ursprünglichen Ansiedlungen des Lebens, aus denen sie sich entwickelt hatten. Diejenigen der westlichen Hemisphäre waren leicht verschieden von denen der eurasischen Gruppe und vom austral-asiatischen oder austral-arktischen Typus.
(674.1) 59:1.15 Vor 370 000 000 Jahren geschah die große und fast vollständige Überflutung von Nord- und Südamerika, gefolgt vom Absinken Afrikas und Australiens. Nur gewisse Teile Nordamerikas ragten aus diesen nicht so tiefen Meeren des Kambriums heraus. Fünf Millionen Jahre später wichen die Meere vor dem sich wieder hebenden Land zurück. Und diese ganzen Phänomene sinkenden und steigenden Lands spielten sich ganz undramatisch und langsam über Jahrmillionen hinweg ab.
(674.2) 59:1.16 Die versteinerte Trilobiten enthaltenden Schichten dieser Epoche liegen auf allen Kontinenten mit Ausnahme Zentralasiens da und dort offen zu Tage. In vielen Regionen liegen diese Felsen horizontal, aber im Gebirge sind sie durch Druck und Faltung geneigt und verformt. Und solcher Druck veränderte vielerorts den ursprünglichen Charakter dieser Ablagerungen. Aus Sandstein wurde Quarz, aus Ton Schiefer und aus Kalkstein Marmor.
(674.3) 59:1.17 Vor 360 000 000 Jahren hob sich das Land immer noch. Nord- und Südamerika lagen eindeutig über Wasser. Westeuropa und die Britischen Inseln tauchten auf mit Ausnahme von Teilen von Wales, die tief unter Wasser lagen. Es gab in diesen Zeitaltern keine großen Eisdecken. Die vermeintlichen Gletscherablagerungen, die zusammen mit diesen Schichten in Europa, Afrika, China und Australien auftreten, sind auf isolierte Gebirgsgletscher und auf die Verschiebung von Gletschertrümmern späteren Ursprungs zurückzuführen. Das Weltklima war ozeanisch, nicht kontinental. Die südlichen Meere waren damals wärmer als heute, und sie erstreckten sich nach Norden über Nordamerika hinaus bis in die Polarregionen. Der Golfstrom, der über den zentralen Abschnitt Nordamerikas verlief, wurde nach Osten abgelenkt, um die Küsten Grönlands zu bespülen und zu wärmen und machte aus diesem heute in einen Eismantel gehüllten Kontinent ein richtiges tropisches Paradies.
(674.4) 59:1.18 Das marine Leben war auf der ganzen Welt so ziemlich dasselbe und bestand aus Algen, einzelligen Organismen, einfachen Schwämmen, Trilobiten und anderen Krustentieren — Krevetten, Krabben und Hummern. Dreitausend Arten von Brachiopoden erschienen am Ende dieser Periode, von denen nur zweihundert überlebt haben. Diese Tiere stellen eine Spielart des frühen Lebens dar, die sich praktisch unverändert bis in die Gegenwart erhalten hat.
(674.5) 59:1.19 Aber die Trilobiten waren die dominierenden lebendigen Geschöpfe. Es waren geschlechtliche Tiere, die in vieler Gestalt existierten. Sie waren schlechte Schwimmer und ließen sich träge im Wasser treiben oder krochen am Meeresboden umher. Wenn sie durch ihre später auftretenden Feinde angegriffen wurden, rollten sie sich zum Selbstschutz zusammen. Ihre Länge betrug zwischen fünf und dreißig Zentimetern, und sie entwickelten sich in vier verschiedenen Gruppen: als Karnivoren, Herbivoren, Omnivoren und „Schlammfresser“. Die Fähigkeit dieser letzten Gruppe, weitgehend von anorganischer Materie zu leben — sie waren die letzten vielzelligen Tiere, die das vermochten — erklärt ihre große Vermehrung und ihr langes Überleben.
(674.6) 59:1.20 Das war das biogeologische Bild, das Urantia am Ende jener langen, fünfzig Millionen Jahre umfassenden Periode der Weltgeschichte bot, die eure Geologen als das Kambrium bezeichnet haben.
(674.7) 59:2.1 Die für diese Zeiten bezeichnenden Phänomene periodischer Hebung und Senkung des Landes geschahen stets allmählich und auf unspektakuläre Weise und waren nur von geringer oder gar keiner vulkanischen Aktivität begleitet. Während all dieser aufeinander folgenden Landhebungen und -senkungen teilte der asiatische Mutterkontinent nicht in allem die Geschichte der anderen Landmassen. Er erlitt viele Überschwemmungen, indem er insbesondere in seiner früheren Geschichte zuerst nach einer Richtung und dann nach einer anderen hin einsank, aber er zeigt nicht die gleichförmigen Gesteinsablagerungen, die man auf den anderen Kontinenten entdecken kann. In den neueren Zeitaltern ist Asien von allen Landmassen die stabilste gewesen.
(675.1) 59:2.2 Vor 350 000 000 Jahren begann die große Periode der Überflutung aller Kontinente mit Ausnahme Zentralasiens. Die Landmassen wurden wiederholt unter Wasser gesetzt; nur die küstennahen Hochländer ragten aus diesen unbeständigen, flachen aber ausgedehnten Binnenmeeren heraus. Drei größere Überflutungen charakterisierten diese Periode, aber bevor sie zu Ende ging, traten die Kontinente wieder hervor, und das aufgetauchte Land lag insgesamt um fünfzehn Prozent über dem heutigen Stand. Die karibische Region ragte hoch heraus. Diese Periode lässt sich in Europa nicht gut abgrenzen, weil die Landfluktuationen geringer waren, während die Vulkantätigkeit in bedeutenderem Maße fortdauerte.
(675.2) 59:2.3 Vor 340 000 000 Jahren kam es mit Ausnahme Asiens und Australiens wieder zu einem bedeutenden Absinken des Landes. Allgemein vermischten sich die Wasser der Weltozeane miteinander. Das war ein großes Kalksteinzeitalter, wobei ein großer Teil des in ihm abgelagerten Gesteins von Kalk ausscheidenden Algen stammt.
(675.3) 59:2.4 Ein paar Millionen Jahre später begannen große Abschnitte der amerikanischen Kontinente und Europas aus dem Wasser aufzutauchen. In der westlichen Hemisphäre blieb nur ein Arm des Pazifischen Ozeans über Mexiko und über der Gegend der gegenwärtigen Rocky Mountains bestehen, aber gegen Ende dieser Epoche begannen die atlantische und die pazifische Küste wieder zu sinken.
(675.4) 59:2.5 Vor 330 000 000 Jahren beginnt auf der ganzen Welt ein Zeitabschnitt vergleichsweiser Ruhe. Wieder befindet sich viel Land über dem Wasser. Die einzige Ausnahme in dieser auf der Erde herrschenden Ruhe war der Ausbruch des großen nordamerikanischen Vulkans im östlichen Kentucky. Es war eine der größten einzelnen Vulkanaktivitäten, die die Welt je erlebt hat. Die Asche dieses Vulkans bedeckte die Erde über tausenddreihundert Quadratkilometer hinweg mit einer fünf bis sechs Meter tiefen Schicht.
(675.5) 59:2.6 Vor 320 000 000 Jahren ereignete sich die dritte große Überflutung dieser Periode. Ihre Wassermassen bedeckten alles während der vorangegangenen Sintflut überschwemmte Land und erstreckten sich in vielen Richtungen noch weiter über die beiden Amerikas und über Europa. Der Osten Nord-amerikas und Westeuropa lagen drei- bis viertausendfünfhundert Meter tief unter Wasser.
(675.6) 59:2.7 Vor 310 000 000 Jahren lagen die Landmassen der Welt mit Ausnahme der südlichen Teile Nordamerikas wieder ordentlich über dem Meeresspiegel. Mexiko tauchte auf und schuf dadurch den gleichnamigen Golf, der seither stets so geblieben ist.
(675.7) 59:2.8 Das Leben entwickelt sich in dieser Periode weiter. Die Welt ist wieder einmal ruhig und relativ friedlich; das Klima bleibt mild und ausgeglichen; die Landpflanzen wandern immer weiter von den Küstenstrichen weg. Die Lebensmuster sind gut entwickelt, obwohl man nur wenig Versteinerungen von Pflanzen aus dieser Zeit finden kann.
(675.8) 59:2.9 Das war das große Zeitalter der Evolution individueller Tierorganismen, obwohl viele der grundlegenden Veränderungen, wie der Übergang von der Pflanze zum Tier, schon früher stattgefunden hatten. Die marine Fauna entwickelte sich so weit, dass jeder Lebenstyp unterhalb der Wirbeltiere in den Fossilien des damals abgelagerten Gesteins vertreten ist. Aber all diese Tiere waren Meeresorganismen. Es waren noch keine Landtiere erschienen außer einigen Typen von Würmern, die sich am Meeresufer entlang eingruben. Ebenso wenig hatten sich die Landpflanzen über die Kontinente ausgebreitet. Es gab noch zu viel Kohlendioxyd in der Luft, um die Existenz von Luftatmern zu gestatten. Grundsätzlich hängen alle Tiere mit Ausnahme einiger der primitiveren mit ihrer Existenz direkt oder indirekt vom Pflanzenleben ab.
(676.1) 59:2.10 Die Trilobiten waren immer noch vorherrschend. Diese kleinen Tiere existierten in zehntausenden von Erscheinungsformen. Sie sind die Vorläufer der heutigen Krustentiere. Einige Trilobiten besaßen fünfundzwanzig bis viertausend winzige Äuglein; andere hatten verkümmerte Augen. Am Ende dieser Periode teilten die Trilobiten die Herrschaft über die Meere mit mehreren anderen Formen wirbellosen Lebens. Aber zu Beginn der nächsten Periode gingen sie vollständig unter.
(676.2) 59:2.11 Kalk ausscheidende Algen waren weit verbreitet. Die frühen Vorfahren der Korallen existierten in Tausenden von Arten. Es gab Meereswürmer in großer Zahl und viele Quallenarten, die seither ausgestorben sind. Korallen und die späteren Schwammarten entwickelten sich. Die Cephalopoden waren gut entwickelt, und sie haben im heutigen perlmutterfarbigen Nautilus und in verschiedenen Tintenfischarten überlebt.
(676.3) 59:2.12 Es gab viele Arten von Schalentieren, aber sie gebrauchten ihre Schalen damals nicht so sehr für defensive Zwecke wie in späteren Zeitaltern. Auch die Gastropoden waren in den Wassern der alten Meere vorhanden, und sie umfassten einschalige Bohrtiere, Uferschnecken und Schnecken. Die Bivalven sind über all die Millionen von Jahren praktisch unverändert zu uns gekommen, und sie umfassen die Muscheln, Venusmuscheln, Austern und Kammmuscheln. Die mit Klappen beschalten Organismen entwickelten sich ebenfalls, und diese Brachiopoden lebten in den einstigen Gewässern praktisch in ihrer heutigen Form; sie besaßen an ihren Klappen sogar Scharniere und Nuten und andere Schutzvorrichtungen.
(676.4) 59:2.13 So endet die Evolutionsgeschichte der zweiten großen Periode marinen Lebens, die eure Geologen als das Ordovizium kennen.
(676.5) 59:3.1 Vor 300 000 000 Jahren begann eine neue große Periode der Landüberflutung. Die nach Süden und Norden vordringenden einstigen silurischen Meere waren im Begriff, den größten Teil Europas und Nordamerikas zu verschlingen. Das Land lag nicht hoch über der See, so dass den Küstenlinien entlang nicht viel abgelagert wurde. Die Meere wimmelten von mit Kalkschalen versehenem Leben, und das Absinken dieser Schalen auf den Meeresgrund ließ allmählich sehr dicke Kalkschichten entstehen. Das ist die erste ausgedehnte Kalkablagerung, und sie bedeckt praktisch ganz Europa und Nordamerika, tritt aber nur an wenigen Orten an die Erdoberfläche. Die Dicke dieser alten Felsschicht beträgt im Mittel etwa dreihundert Meter, aber viele dieser Ablagerungen sind seither durch Neigungen, Hebungen und Verwerfungen stark verformt und viele von ihnen in Quartz, Schiefer und Marmor umgewandelt worden.
(676.6) 59:3.2 Man findet in den Gesteinsschichten dieser Periode kein Eruptivgestein, keine Lava, mit Ausnahme jener der großen Vulkane Südeuropas, des östlichen Maine und der Lavafluten Quebecs. Die Vulkantätigkeit war jetzt weitgehend vorüber. Es war der Höhepunkt der großen Wasserablagerung, es fand wenig oder gar keine Gebirgsbildung statt.
(676.7) 59:3.3 Vor 290 000 000 Jahren hatte sich das Meer im Großen und Ganzen von den Kontinenten zurückgezogen, und die Meeresböden der umgebenden Ozeane senkten sich. Die Landmassen erfuhren kaum Veränderungen, bis sie von neuem überschwemmt wurden. Auf allen Kontinenten begannen die ersten Gebirgsbildungen, und die größten Erhebungen der Erdkruste waren das Himalajagebirge in Asien und das Kaledonische Gebirge, das sich von Irland über Schottland bis nach Spitzbergen erstreckte.
(677.1) 59:3.4 In den Ablagerungen dieses Zeitalters befindet sich das meiste Gas, Erdöl, Zink und Blei. Gas und Öl entstammen den gewaltigen Ansammlungen pflanzlicher und tierischer Materie, die sich zur Zeit der vorausgegangenen Landüberflutung abgesetzt hatten, während die mineralischen Vorkommen die Sedimentierung seichter Gewässer darstellen. Viele Salzlager im Gestein gehören dieser Periode an.
(677.2) 59:3.5 Die Trilobiten gingen rasch zurück, und die größeren Mollusken oder Cephalopoden rückten in den Mittelpunkt des Geschehens. Diese Tiere maßen bis fünf Meter in der Länge und dreißig Zentimeter im Durchmesser und wurden die Herren der Meere. Diese Tierart erschien plötzlich und übernahm die beherrschende Stellung im Meeresleben.
(677.3) 59:3.6 Die große Vulkantätigkeit dieses Zeitalters spielte sich im europäischen Sektor ab. Jahrmillionenlang hatten keine derart heftigen und weitreichenden Vulkanausbrüche wie diejenigen stattgefunden, die sich jetzt rund um die Mittelmeersenke und besonders in der Nachbarschaft der Britischen Inseln ereigneten. Der Lavaerguss über der britischen Inselregion erscheint heute als eine achttausend Meter dicke Schicht aus abwechselnden Lagen von Lava und Fels. Dieses Gestein wurde durch die Lavaflüsse aufgebaut, die in Abständen den Grund des flachen Meeres überzogen und sich so zwischen die Felsablagerungen einfügten, und das Ganze wurde in der Folge hoch über den Meeresspiegel hinausgehoben. Heftige Erdbeben ereigneten sich in Nordeuropa, insbesondere in Schottland.
(677.4) 59:3.7 Das ozeanische Klima blieb mild und gleichmäßig, und die warmen Meere bespülten die Küsten der Polarländer. In den dortigen Ablagerungen kann man bis hinauf zum Nordpol Versteinerungen von Brachiopoden und anderen Vertretern des marinen Lebens finden. Gastropoden, Brachiopoden, Schwämme und Riffbildende Korallen nahmen immer mehr zu.
(677.5) 59:3.8 Das Ende dieser Epoche erlebt ein zweites Vorrücken der Silurischen Meere und eine neuerliche Durchmischung der Wasser der südlichen und nördlichen Ozeane. Die Cephalopoden beherrschen das marine Leben, während sich schrittweise verwandte Lebensformen entwickeln und differenzieren.
(677.6) 59:3.9 Vor 280 000 000 Jahren waren die Kontinente weitgehend wieder aus der zweiten silurischen Überflutung aufgetaucht. Die Felsablagerungen dieser Überschwemmung kennt man in Nordamerika als Niagarakalk, weil es die Felsschicht ist, über die jetzt die Niagarafälle fließen. Diese Schicht erstreckt sich von den östlichen Bergen bis in die Region des Mississippitals, aber abgesehen vom Süden nicht weiter nach Westen. Mehrere Schichten überziehen Kanada, Teile von Südamerika, Australien und den größten Teil Europas. Die Dicke dieser Niagaraschicht beträgt im Mittel zweihundert Meter. In vielen Regionen kann man unmittelbar über der Niagaralage eine Ansammlung von Konglomeraten, Ton und Steinsalz finden. Es handelt sich dabei um eine Anhäufung sekundärer Ablagerungen. Dieses Salz sammelte sich in großen Lagunen an, die sich abwechselnd zum Meer hin öffneten und wieder von ihm abgeschnitten wurden, so dass das Salz bei der Verdunstung zusammen mit anderer sich in Lösung befindlicher Materie abgelagert wurde. In einigen Gegenden sind diese Steinsalzlagen über zwanzig Meter dick.
(677.7) 59:3.10 Das Klima ist ausgeglichen und mild, und in den arktischen Regionen lagern sich marine Fossilien ab. Aber am Ende dieser Epoche sind die Meere so außerordentlich salzig geworden, dass in ihnen nur wenig Leben überlebt.
(677.8) 59:3.11 Gegen Ende der letzten silurischen Überflutung vermehren sich die Echinodermen — die Steinlilien — äußerst stark, wie es die Ablagerungen der Crinoidenkalke beweisen. Die Trilobiten sind sozusagen verschwunden, und die Meere werden weiterhin von den Mollusken beherrscht; die Bildung von Korallenriffen macht große Fortschritte. Während dieses Zeitalters entwickeln sich an begünstigteren Plätzen zum ersten Mal die primitiven Wasserskorpione. Bald darauf, und plötzlich, erscheinen die richtigen Skorpione — wirkliche Luftatmer.
(678.1) 59:3.12 Diese Entwicklungen stehen am Ende der dritten Periode marinen Lebens, die sich über fünfundzwanzig Millionen Jahre hinzieht und euren Forschern als Silur vertraut ist.
(678.2) 59:4.1 Im zeitalterlangen Kampf zwischen Land und Wasser war das Meer über lange Perioden vergleichsweise siegreich, aber nun steht die Zeit des Landsiegs unmittelbar bevor. Da die Kontinentaldrift noch nicht weit fortgeschritten ist, hängt gelegentlich praktisch das ganze Festland der Welt durch schmale Isthmen und enge Landbrücken zusammen.
(678.3) 59:4.2 Jetzt, da das Land aus der letzten silurischen Überflutung auftaucht, kommt eine wichtige Periode der Entwicklung der Welt und der Evolution des Lebens zum Abschluss. Über der Erde dämmert ein neues Zeitalter herauf. Die nackte und reizlose Landschaft früherer Zeiten kleidet sich in üppiges Grün, und bald werden die ersten herrlichen Wälder erscheinen.
(678.4) 59:4.3 Das marine Leben dieses Zeitalters war sehr vielgestaltig aufgrund der frühen Artentrennung, aber später trat eine freie Durchmischung und ein Zusammenwirken all dieser verschiedenen Typen ein. Die Brachiopoden erklommen rasch ihren Gipfel, wurden dann von den Arthropoden abgelöst, und die Entenmuscheln erschienen. Aber das weitaus größte Ereignis war das plötzliche Auftreten der Fischfamilie. Dieses Zeitalter wurde zu demjenigen der Fische, zu der durch den Wirbeltier typus gekennzeichneten Periode der Weltgeschichte.
(678.5) 59:4.4 Vor 270 000 Jahren befanden sich alle Kontinente über Wasser. Nicht in Millionen und Abermillionen von Jahren hatte sich zur selben Zeit soviel Land über dem Wasser befunden; es war eine der größten Landhebungsperioden in der ganzen Weltgeschichte.
(678.6) 59:4.5 Fünf Millionen Jahre später wurde das Festland Nord- und Südamerikas, Europas, Afrikas, Nordasiens und Australiens kurz überflutet, wobei das Untertauchen Nordamerikas zu verschiedenen Zeitpunkten fast vollständig war; und die Dicke der davon herrührenden Kalksteinlagen liegt zwischen hundertfünfzig und tausendfünfhundert Metern. Diese verschiedenen Devonmeere dehnten sich zuerst nach einer Richtung und dann nach einer anderen hin aus, so dass das gewaltige arktische nordamerikanische Binnenmeer durch das nördliche Kalifornien einen Ausfluss fand.
(678.7) 59:4.6 Vor 260 000 000 Jahren, gegen Ende dieser Tieflandepoche, war Nordamerika teilweise von Meeren bedeckt, die gleichzeitig mit den Wassern des Pazifiks, des Atlantiks, der Arktis und des Golfs von Mexiko in Verbindung standen. Die Ablagerungen dieser späteren Stadien der devonischen Überflutung sind im Durchschnitt etwa dreihundert Meter dick. Die für diese Zeiten charakteristischen Korallenriffe sind ein Hinweis darauf, dass die Inlandmeere klar und flach waren. Solche Korallenlager liegen an den Ufern des Ohioflusses nahe von Louisville in Kentucky offen zu Tage, sind etwa dreißig Meter dick und enthalten mehr als zweihundert verschiedene Arten. Diese Korallenformationen erstrecken sich über Kanada und Nordeuropa bis in die arktischen Regionen hinauf.
(678.8) 59:4.7 Nach diesen Überflutungen wurden viele Uferstriche beträchtlich angehoben, so dass die früheren Ablagerungen mit Schlamm oder Ton zugedeckt wurden. Es gibt auch eine rote Sandsteinschicht, die eine der devonischen Formationen charakterisiert, und diese rote Schicht überzieht einen großen Teil der Erdoberfläche; denn man findet sie in Nord- und Südamerika, Europa, Russland, China, Afrika und Australien. Solch rote Ablagerungen sind ein Hinweis auf aride oder semiaride Bedingungen, aber das Klima dieser Epoche war immer noch mild und ausgeglichen.
(679.1) 59:4.8 Während dieser ganzen Periode blieb das im Südosten der Insel Cincinnati gelegene Land eindeutig ein gutes Stück über Wasser. Aber große Teile Westeuropas, die Britischen Inseln eingeschlossen, waren überflutet. In Wales, Deutschland und anderswo in Europa sind die devonischen Gesteine sechstausend Meter dick.
(679.2) 59:4.9 Vor 250 000 000 Jahren trat die Familie der Fische, traten die Wirbeltiere auf den Plan. Das war einer der wichtigsten Schritte in der ganzen vormenschlichen Evolution.
(679.3) 59:4.10 Die Arthropoden oder Krustentiere waren die Ahnen der ersten Wirbeltiere. Die Vorläufer der Fischfamilie waren zwei modifizierte Arthropodenahnen; der eine besaß einen langen Körper, der den Kopf mit dem Schwanz verband, während der andere ein rückgratloser und kieferloser Vorfisch war. Aber diese einleitenden Typen wurden rasch vernichtet, als die Fische, die ersten Wirbeltiere der Tierwelt, plötzlich von Norden her erschienen.
(679.4) 59:4.11 Viele der größten echten Fische gehören diesem Zeitalter an. Einige der mit Zähnen ausgerüsteten Arten wurden acht bis zehn Meter lang; die heutigen Haie sind die Überlebenden dieser alten Fischarten. Die Lungen- und Panzerfische erreichten ihren evolutionären Höhepunkt, und noch vor dem Ende dieser Epoche hatten sich die Fischarten sowohl dem Süß- wie dem Salzwasser angepasst.
(679.5) 59:4.12 Wahre Knochenbetten von Fischzähnen und Skeletten kann man in den Ablagerungen aus dem Ende dieser Periode finden, und entlang der Küste Kaliforniens gibt es reiche Fossilienlager, da sich viele geschützte Buchten des Pazifischen Ozeans in das Landesinnere dieser Region erstreckten.
(679.6) 59:4.13 Die Erde wurde nun rasch von den neuen Ordnungen der Landvegetation erobert. Zuvor waren außer in unmittelbarer Wassernähe auf dem Land nur wenige Pflanzen gewachsen. Jetzt erschien, und zwar plötzlich, die üppig wuchernde Familie der Farne und breitete sich in allen Teilen der Welt auf dem sich rasch hebenden Land aus. Bald entwickelten sich auch sechzig Zentimeter dicke und zwölf Meter hohe Bäume; später bildeten sich die Blätter heraus, aber diese frühen Arten besaßen nur ein rudimentäres Laubwerk. Es gab auch viele kleinere Pflanzen, aber man kann ihre Versteinerungen nicht finden, da sie gewöhnlich von den schon früher erschienenen Bakterien zerstört wurden.
(679.7) 59:4.14 Als sich das Land hob, wurde Nordamerika mit Europa durch Landbrücken verbunden, die bis nach Grönland reichten. Und heute birgt Grönland unter seinem Eismantel die Überreste dieser frühen Landpflanzen.
(679.8) 59:4.15 Vor 240 000 000 Jahren begann das Land in Europa, Nord- und Südamerika stellenweise abzusinken. Diese Senkung leitete die letzte und am wenigsten ausgedehnte der devonischen Überflutungen ein. Die arktischen Meere rückten über große Teile Nordamerikas nach Süden vor, der Atlantik überschwemmte weite Gebiete Europas und Westasiens, während der Südpazifik fast ganz Indien bedeckte. Diese Überflutung breitete sich nur sehr langsam aus und ging ebenso langsam wieder zurück. Die Catskillberge entlang des Westufers des Hudsonflusses sind eines der größten geologischen Monumente dieser Epoche, die man an der Oberfläche Nordamerikas finden kann.
(679.9) 59:4.16 Vor 230 000 000 Jahren setzten die Meere ihren Rückzug fort. Ein Großteil Nordamerikas befand sich über Wasser, und die St. Lorenzregion wurde von starker vulkanischer Aktivität erschüttert. Der Mount Royal in Montreal ist der verwitterte Rumpf eines dieser Vulkane. Die Ablagerungen dieser gesamten Epoche zeigen sich sehr schön in den Appalachen Nordamerikas, wo sich der Susquehannafluss ein Tal grub und dadurch die aufeinander folgenden Schichten freilegte, die eine Dicke von über 4 000 Metern erreichten.
(680.1) 59:4.17 Die Kontinente hoben sich weiter, und die Atmosphäre wurde sauerstoffreicher. Die Erde war von gewaltigen Wäldern aus dreißig Meter hohen Farnen und den eigentümlichen Bäumen jener Tage bedeckt — aber es waren schweigende Wälder. Man hörte nicht einen Ton, nicht einmal das Rascheln eines Blattes, denn jene Bäume hatten kein Laub.
(680.2) 59:4.18 Und so neigte sich eine der längsten Evolutionsperioden des marinen Lebens, das Zeitalter der Fische, ihrem Ende zu. Dieser Abschnitt der Weltgeschichte dauerte fast fünfzig Millionen Jahre, und eure Forscher kennen ihn als das Devon.
(680.3) 59:5.1 Das Erscheinen der Fische in der vorangegangenen Periode stellt den Höhepunkt der marinen Lebensentwicklung dar. Von da an wird die Lebensentwicklung auf dem Festland immer wichtiger. Zu Beginn dieser Periode bietet sich ein beinah ideales Umfeld für das Erscheinen der ersten Landtiere.
(680.4) 59:5.2 Vor 220 000 000 Jahren befanden sich viele Gegenden der Kontinente einschließlich des größten Teils Nordamerikas über Wasser. Das Land war von üppiger Vegetation bedeckt; es war wirklich das Zeitalter der Farne. Die Atmosphäre enthielt immer noch Kohlendioxid, aber in abnehmendem Maße.
(680.5) 59:5.3 Kurz darauf wurde der mittlere Abschnitt Nordamerikas unter Wasser gesetzt, wobei zwei große Binnenmeere entstanden. Sowohl das atlantische als auch das pazifische küstennahe Hochland lagen gerade außerhalb der heutigen Küstenlinie. Als sich die beiden Meere bald vereinigten, durchmischten sich ihre verschiedenen Lebensformen, und der Zusammenschluss dieser marinen Fauna markierte den Beginn des raschen weltweiten Niedergangs des marinen Lebens und die Eröffnung der folgenden Periode des Landlebens.
(680.6) 59:5.4 Vor 210 000 000 Jahren bedeckten die warmen arktischen Meere den größten Teil Nordamerikas und Europas. Die südlichen Polarwasser überschwemmten Südamerika und Australien, während Afrika und Asien hoch aufragten.
(680.7) 59:5.5 Als die Meere die größte Ausdehnung erreicht hatten, trat plötzlich eine neue evolutionäre Entwicklung ein. Ganz unvermittelt erschienen die ersten Landtiere. Es gab ihrer viele Arten, die fähig waren, auf dem Land und im Wasser zu leben. Diese Luft atmenden Amphibien waren aus Arthropoden hervorgegangen, deren Schwimmblasen sich zu Lungen weiterentwickelt hatten.
(680.8) 59:5.6 Schnecken, Skorpione und Frösche krochen aus den salzigen Wassern der Meere an Land. Noch heute legen die Frösche ihre Eier im Wasser, und ihre Jungen existieren zuerst als kleine Fische, als Kaulquappen. Diese Periode könnte sehr wohl als das Zeitalter der Frösche bezeichnet werden.
(680.9) 59:5.7 Nur wenig später erschienen die ersten Insekten, und sie verbreiteten sich zusammen mit den Spinnen, Skorpionen, Schaben, Grillen und Heuschrecken alsbald über alle Kontinente der Welt. Es gab Libellen mit einer Flügelweite von fünfundsiebzig Zentimetern. Tausend Schabenarten entwickelten sich, von denen einige zehn Zentimeter lang wurden.
(680.10) 59:5.8 Zwei Gruppen von Echinodermen entwickelten sich besonders gut, und sie wurden tatsächlich die Leitfossilien jener Epoche. Die großen, von Muscheln lebenden Haie waren ebenfalls hoch entwickelt, und über fünf Millionen Jahre lang beherrschten sie die Ozeane. Das Klima war immer noch mild und ausgeglichen; das marine Leben veränderte sich wenig. Die Süßwasserfische entwickelten sich, und die Trilobiten waren am Aussterben. Die Korallen waren selten, und die Seelilien lieferten die Hauptmenge an Kalk. Der beste Baukalkstein wurde in dieser Epoche abgelagert.
(681.1) 59:5.9 Das Wasser vieler Binnenmeere war derart mit Kalk und anderen Mineralien übersättigt, dass davon Fortschritt und Entwicklung vieler mariner Arten stark beeinträchtigt wurden. Aber schließlich, nachdem sich Gestein in großem Ausmaß abgelagert hatte, das an einigen Orten Zink und Blei enthält, klärten sich die Meere.
(681.2) 59:5.10 Die Ablagerungen dieser frühen Steinkohlenzeit sind 150 bis 600 Meter dick und bestehen aus Sandstein, Schieferton und Kalkstein. Die ältesten Schichten enthalten Versteinerungen von Land- und Meerpflanzen und -tieren nebst viel Geröll und Sedimenten. Aber es findet sich in ihnen nur wenig abbauwürdige Kohle. Die Ablagerungen in Europa gleichen denjenigen in Nordamerika sehr.
(681.3) 59:5.11 Als sich diese Epoche zu Ende neigte, begann sich Nordamerika zu heben. Dabei gab es eine kurze Unterbrechung, und das zurückkehrende Meer überflutete etwa die Hälfte des zuvor bedeckten Gebietes. Es handelte sich nur um eine kurze Überschwemmung, und bald befand sich das meiste Land ganz über Wasser. Südamerika war über Afrika immer noch mit Europa verbunden.
(681.4) 59:5.12 In diese Zeit fällt der Beginn der Vogesen, des Schwarzwaldes und des Uralgebirges. Andere, ältere Bergstümpfe finden sich überall in Großbritannien und Europa.
(681.5) 59:5.13 Vor 200 000 000 Jahren begann das wirklich aktive Stadium der Steinkohlen zeit. Vor dieser Zeit wurden während zwanzig Millionen Jahren die älteren Kohlenvorkommen abgelagert, aber jetzt kamen die umfangreicheren kohlebildenden Aktivitäten in Gang. Die Länge der eigentlichen Kohleablagerungsepoche beträgt etwas mehr als fünfundzwanzig Millionen Jahre.
(681.6) 59:5.14 Das Land stieg und senkte sich periodisch, weil die sich am Meeresgrund abspielenden Vorgänge stetige Schwankungen des Meeresspiegels verursachten. Diese Rastlosigkeit der Erdkruste — das Heben und Senken des Landes — zusammen mit der üppigen Vegetation der küstennahen Sümpfe trug zur Entstehung ausgedehnter Kohlelager bei, weshalb man diese Periode das Karbon genannt hat. Auf der ganzen Welt herrschte immer noch ein mildes Klima.
(681.7) 59:5.15 Die Kohleschichten wechseln mit Ton, Stein und Konglomeraten ab. Diese über das Zentrum und den Osten der Vereinigten Staaten verstreuten Kohlelager sind zwischen zwölf und fünfzehn Meter dick. Aber viele dieser Ablagerungen sind während späterer Landhebungen weggewaschen worden. In einigen Teilen Nordamerikas und Europas sind die kohlehaltigen Schichten 5 500 Meter dick.
(681.8) 59:5.16 Die Anwesenheit von Baumwurzeln, die im Lehm unmittelbar unter den gegenwärtigen Kohleschichten gewachsen waren, beweist, dass die Kohle genau dort gebildet wurde, wo man sie heute findet. Kohle ist der durch Wasser konservierte und durch Druck modifizierte Überrest der üppigen Vegetation, die in den Mooren und in den sumpfigen Küstenstrichen jenes fernen Zeitalters gedieh. Oft enthalten die Kohleschichten Gas und Öl. Torfschichten, die Überreste früheren Pflanzenwuchses, wurden unter den erforderlichen Druck- und Wärmebedingungen in eine Art Kohle übergeführt. Anthrazit war größerem Druck und größerer Hitze ausgesetzt als andere Kohle.
(681.9) 59:5.17 Die Anzahl der in den verschiedenen Kohlevorkommen Nordamerikas vorhandenen Schichten gibt an, wie oft sich das Land senkte und hob. Diese Zahl reicht von zehn in Illinois, zwanzig in Pennsilvanien, fünfunddreißig in Alabama bis zu fünfundsiebzig in Kanada. Man findet in diesen Kohlelagern sowohl Süß- als auch Salzwasserfossilien.
(682.1) 59:5.18 Während dieser ganzen Epoche waren die Berge Nord- und Südamerikas aktiv, wobei sich die Anden und die südlichen alten Rocky Mountains hoben. Die großen hochgelegenen Küstenregio-nen entlang des Atlantischen und Pazifischen Ozeans begannen sich zu senken, so dass sich die Küstenlinien beider Ozeane durch Erosion und Überflutung ungefähr bis auf ihre heutige Position zurückzogen. Die Ablagerungen dieser Überschwemmung sind im Mittel etwa dreihundert Meter dick.
(682.2) 59:5.19 Vor 190 000 000 Jahren drang das nordamerikanische Karbonmeer westwärts über die Gegend der heutigen Rocky Mountains vor und schuf sich durch Nordkalifornien einen Ausgang in den Pazifischen Ozean. In beiden Amerikas und in Europa ging in diesen Zeitaltern der Meeres-uferschwankungen die Kohleablagerung weiter, Schicht für Schicht, im Rhythmus der Hebungen und Senkungen der Küstenregionen.
(682.3) 59:5.20 Vor 180 000 000 Jahren kam das Ende der Steinkohlenzeit, während welcher sich überall auf der Welt Kohle gebildet hatte — in Europa, Indien, China, Nordafrika und in den beiden Amerikas. Am Ende der Periode der Kohlebildung tauchte Nordamerika im Osten des Mississippitales wieder auf, und das meiste Land dieses Abschnitts ist seither immer über dem Meeresspiegel geblieben. Diese Periode des Landanstiegs markiert den Beginn der heutigen Gebirge Nordamerikas in der Appalachenregion sowie im Westen. Aktive Vulkane gab es in Alaska und Kalifornien und in den gebirgsbildenden Gegenden Europas und Asiens. Ostamerika und Westeuropa waren durch den Grönlandkontinent miteinander verbunden.
(682.4) 59:5.21 Das steigende Land begann, das marine Klima der vorausgegangenen Zeitalter zu verändern und es durch die Anfänge des weniger milden und veränderlicheren kontinentalen Klimas zu ersetzen.
(682.5) 59:5.22 Die Pflanzen jener Zeiten trugen Sporen, die der Wind in große Fernen zu tragen vermochte. Die Baumstämme des Karbons hatten gewöhnlich einen Durchmesser von zwei Metern und oft eine Höhe von siebenunddreißig Metern. Die heutigen Farne sind die wahren Zeugen dieser Vergangenheit.
(682.6) 59:5.23 Im Allgemeinen waren dies Epochen der Entwicklung von Süßwasserorganismen; am Zustand des marinen Lebens änderte sich nur wenig. Aber die wichtige Besonderheit dieser Periode war das plötzliche Erscheinen der Frösche und ihrer vielen Verwandten. Farne und Frösche waren kennzeichnend für das Leben des Steinkohlenzeitalters.
(682.7) 59:6.1 che geht die Zeit zu Ende, in der das marine Leben für die evolutionäre Entwicklung ausschlaggebend war, und eröffnet sich die zu den späteren Zeitaltern der Landtiere überleitende Übergangsperiode.
(682.8) 59:6.2 Es war ein Zeitalter großer Verarmung des Lebens. Tausende von Meeresarten starben aus, während sich das Leben auf dem Land noch kaum angesiedelt hatte. Es war eine Zeit großer biologischer Bedrängnis, ein Zeitalter, in dem das Leben beinahe von der Oberfläche der Erde und aus den Tiefen der Ozeane verschwand. Gegen Ende der langen Ära marinen Lebens gab es auf der Erde über einhunderttausend Arten von Lebewesen. Am Ende dieser Übergangsperiode hatten ihrer weniger als fünfhundert überlebt.
(682.9) 59:6.3 Die Besonderheiten dieser neuen Periode waren weniger eine Folge der Abkühlung der Erdrinde oder der langen Abwesenheit vulkanischer Tätigkeit als die außergewöhnliche Kombination gewöhnlicher, bereits vorhandener Einflüsse — Schrumpfen der Meere und zunehmende Hebung gewaltiger Landmassen. Das milde Meeresklima früherer Zeiten war am Verschwinden und rasch entwickelte sich ein rauherer, kontinentaler Wettertyp.
(683.1) 59:6.4 Vor 170 000 000 Jahren geschahen auf der ganzen Erdoberfläche gewaltige evolutionäre Veränderungen und Neuanpassungen. Auf der ganzen Welt hob sich das Land, weil die Ozeanböden absanken. Vereinzelt bildeten sich Bergketten. Der östliche Teil Nordamerikas lag hoch über dem Meer, während der Westen langsam anstieg. Die Kontinente waren übersät mit großen und kleinen Salzwasserseen und zahlreichen Binnenmeeren, die über enge Wasserstraßen mit den Ozeanen verbunden waren. Die Gesteinsschichten dieser Übergangsperiode sind 300 bis 2 000 Meter dick.
(683.2) 59:6.5 Die Erdrinde wurde während dieser Landhebungen stark gefaltet. Es war eine Zeit auftauchender Kontinente, wenn man vom Verschwinden gewisser Landbrücken einschließlich jener Kontinente absieht, die Südamerika so lange mit Afrika und Nordamerika mit Europa verbunden hatten.
(683.3) 59:6.6 Allmählich trockneten die Binnenseen und -meere auf der ganzen Welt aus. Es bildeten sich — vor allem auf der südlichen Halbkugel — vereinzelte Berge und regionale Gletscher, und in vielen Gegenden kann man die Gletscherablagerungen dieser regionalen Eisbildungen sogar inmitten einiger der höheren und späteren Kohleablagerungen finden. Zwei neue Klimafaktoren traten in Erscheinung: Vereisung und Dürre. Viele höher gelegene Erdgegenden waren öde und unfruchtbar geworden.
(683.4) 59:6.7 In diesen Zeiten des Klimawechsels traten auch bei den Landpflanzen große Veränderungen ein. Zum ersten Mal erschienen die Samenpflanzen, die für das später immer bedeutender werdende Landtierleben eine bessere Nahrung lieferten. Die Insekten machten eine radikale Veränderung durch. Ihre Ruheperioden entwickelten sich so, dass sie der Forderung genügen konnten, die Aktivität während der Winter- und Trockenzeit einzustellen.
(683.5) 59:6.8 Unter den Landtieren hatten die Frösche ihren Höhepunkt im vorausgegangenen Zeitalter erreicht und waren in raschem Abstieg begriffen, aber sie überlebten, weil sie auch in den vertrocknenden Teichen und Tümpeln dieser fernen und äußerst harten Zeiten lange zu leben vermochten. Während dieses Zeitalters des Niedergangs der Frösche geschah in Afrika der erste Schritt der Evolution vom Frosch zum Reptil. Und da die Landmassen immer noch miteinander verbunden waren, breitete sich dieser Vorgänger des Reptils, ein Luftatmer, über die ganze Welt aus. Unterdessen hatte sich die Atmosphäre so weit verändert, dass sie der Tieratmung hervorragend gerecht werden konnte. Bald nach dem Auftreten dieser Vor-Reptil-Frösche wurde Nordamerika vorübergehend isoliert, von Europa, Asien und Südamerika abgetrennt.
(683.6) 59:6.9 Die sich allmählich abkühlenden Meereswasser trugen viel zu der Zerstörung des ozeanischen Lebens bei. Die Meerestiere jener Zeitalter suchten vorübergehend Schutz an drei günstigen Zufluchtsorten: in der Gegend des heutigen Golfs von Mexiko, in der indischen Bucht des Ganges und in der sizilianischen Bucht des Mittelmeerbeckens. Und von diesen drei Gegenden aus unternahmen es die aus der Not geborenen neuen Meerestierarten später, die Meere von neuem zu bevölkern.
(683.7) 59:6.10 Vor 160 000 000 Jahren war das Land weitgehend von einer Vegetation bedeckt, die dem Lebensunterhalt der Landtiere angepasst war, und die Atmosphäre war für die Tieratmung ideal geworden. Und damit endet die Periode der Zurückdrängung des marinen Lebens, enden jene harten Zeiten eines biologischen Notstandes, der alle Formen von Leben außer jenen ausgeschaltet hatte, die Überlebenswert besaßen und sich deshalb dafür qualifizierten, die Ahnen des sich rasch entwickelnden und hochdifferenzierten Lebens der späteren Zeitalter planetarischer Evolution zu werden.
(684.1) 59:6.11 Das Ende dieser Periode biologischer Bedrängnis, die eure Gelehrten als das Perm kennen, markiert auch das Ende der langen Ära des Paläozoikums, das einen Viertel der planetarischen Geschichte — zweihundertfünfzig Millionen Jahre — umfasst.
(684.2) 59:6.12 Die gewaltige ozeanische Brutstätte des Lebens auf Urantia ist ihrer Aufgabe gerecht geworden. Während der langen Zeitalter, als das Land zur Beherbergung des Lebens noch ungeeignet war und bevor die Atmosphäre genügend Sauerstoff enthielt, gebar das Meer das frühe Leben der Welt und zog es auf. Von jetzt an geht die biologische Wichtigkeit des Meers allmählich zurück, während sich der zweite Evolutionsabschnitt auf dem Land zu entfalten beginnt.
(684.3) 59:6.13 [Dargeboten von einem Lebensbringer von Nebadon, einem der Mitglieder des ursprünglichen, Urantia zugeteilten Korps.]